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Eine Hoffnung stirbt immer
“Hoffnungslosigkeit ist die vorweggenommene Niederlage.”
K. Jaspers
Die Not gebäre die Hoffnung. Daran mag etwas sein. Not gebärt andererseits nichts außer weiterer Not, wenn wir den Blick hin zur Ukraine richten. Hoffnung hat ihre fristige Daseinsberechtigung nur als Produkt einer Idee und der Motivation zu erheblichen Anstrengungen, diese Idee umzusetzen. In diesem Sinne nähert sie sich dem Optimismus an, der sich auf gute Gründe stützt, dass man den Lauf der Geschichte, in einem werktätigen Sinne betrachtet, ändern kann. Die hoffenden Ukrainer, der optimistische Putin.
Man ist gut beraten, die Hoffnung ähnlich zu begreifen wie den Optimismus. Nämlich nie als ursachlos, als in den Lüften schwebend oder als Ausdruck eines metaphysisch Existenten, das sich mit den pragmatischen Potentialen nicht herumschlagen muss, welche sie in die Niederungen der Wirklichkeit zwingt. Die Hoffnung erscheint immer am Horizont handlungsgebundener Erwartungen. Sie ist zweckgebunden, als Ausdruck eines Optimismus in Bezug auf den guten Ausgang individueller oder gemeinschaftlicher Geschichte.
Im Deutschen besitzt das Wort Hoffnung einen eindeutig positiv gewendeten Sinn. Das griechische Wort elpis hingegen heißt soviel wie Erwartung, ohne eindeutige positive Konnotation, da der erwartete Ausgang eines Zukünftigen durchaus beides sein kann: ein Gutes wie auch ein Schlechtes.
Hoffnung ist die Ausrichtung des erwartungsfrohen Menschen auf eine Zukunft, in der sich das Üble eines Geschehens in das Gute wenden möge. In diesem Sinne von Hoffnung bezieht sich Ernst Bloch in seinem Werk Das Prinzip Hoffnung auf gesellschaftliche Kämpfe, die immer wieder durch Hoffnungen vorangetragen werden. Diese Hoffnungen durchflössen – in seiner eigenen Begrifflichkeit – gesellschaftliche Entwicklungen wie ein Wärmestrom. Als historisches Beispiel führt er die in den Bauernkriegen 1525 in Deutschland unterlegenen Bauern an, die dennoch auf die Verwirklichung ihrer Forderungen durch die nachfolgenden Generationen hofften. Man kann hier durchaus Parallelen zur Erwartungshaltung der hingebungsvoll kämpfenden Ukraine sehen.
Was jedoch das Gute oder das Übel in den Kategorien eines Ethischen gedacht letztlich darstellt, ist immer gebunden an die Perspektive des Hoffenden selbst. Wir haben z.B. damit zu leben, dass Wladimir Putins Hoffnung auf den siegreichen Ausgang seines Krieges in der Ukraine sich auf die gleichen Mechanismen ihrer Entstehung stützt wie jede andere Hoffung auch.
Für ihn wie für uns ist Hoffnung eine innerliche Ausrichtung, gepaart mit der positiven Erwartungshaltung, dass etwas Wünschenswertes eintreten wird. Ohne dass wirkliche Gewissheit darüber besteht. Über ein objektivierbares, durch ethische Kriterien sanktioniertes Anspruchvermögen eines Guten verfügt die Hoffnung nicht. Dies ist ihr Dilemma. Wir hoffen auf Putins Niederlage, er hofft auf Sieg. Die Ukrainer hoffen auf das Überleben. Putin erhofft sich ihre Unterwerfung. Es könnte durchaus der Fall sein, dass beide Hoffnungen, hüben wie drüben, auf Sand gebaut haben. Gleichzeitig.
Lieber Achim,
Im deutschen Wort „Hoffnung“ steckt etwas Offenes. Beim Aussprechen wird es überdeutlich. Das Offene ist transzendent, es beinhaltet alle Möglichkeiten. Hoffende tun alles, damit ihre Hoffnung sich erfüllt und knüpfen an die Hoffnung Erwartungen, sie richten ihr Denken und ihr Unbewusstes Fühlen darauf aus.
Putin hofft, die Ukraine hofft, der Westen, die EU und die NATO – alle hoffen und alle etwas anderes. Es ist schwer, bei absoluten Forderungen verhandlungsfähige Basen für einen Frieden zu errichten. Fixiert Hoffnung sich, wird sie zu blinder Hoffnung und schlimmstenfalls führt sie zu Obsession, was eine zwanghafte Hoffnung ist und aus ihr eine Begierde macht.
Es gibt viele Arten zu hoffen. Es gilt zu unterscheiden, wann eine Hoffnung umkippt in Obsession und wann sie verhandlungsfähig sein könnte.
Ich mag das Wort Hoffnung wirklich sehr, auch seinen Klang. Weil er Raum und Spiel lässt, weil da noch etwas offen bleiben kann in all diesem vernagelten Wahnsinn.
Liebe Grüße
Amélie
P.S. Bitte…räume Dir auch Zeit zum Atmen ein und zum Neuetolleblogsfinden – …❣️🌱
Eλπις (Neugriechisch ελπίδα/elpida) hat ebenfalls die Konnotation eines erwünschten Ausganges. Im Paulusbrief an die Korinther gehört Elpis zu den drei Großen: Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei – aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.
Die Liebe überwindet auch den Kampf zwischen entgegengesetzten „Hoffnungen“. Nur die Liebe. Sonst geschieht, was du am Ende sagst: beide gehen zugrunde. Und wir mit ihnen.
Wie meine Vorrednerin hoffe ich daher auf eine verhandlungsfähige Basis, auf der sich beide Seiten die Hände geben können, anstatt sich in mörderischem Kampf zu umklammern.