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Letzte Sätze 25 – Marieke Lucas Rijneveld – Was man sät
Ich erlaube mir, die letzten Sätze von Romanen vorzustellen. Aus allen Epochen seit Anbeginn dieser modernen Erzählform. Romane, die meinen Literaturgeschmack prägten und prägen. Glückliche Romanenden, melancholische Enden, kontrafaktische Enden, bornierte Enden, fahrlässige Enden, Endzeiten, apokalyptische Enden, enträtselnde Enden und immer so weiter. Keine Epiloge, keine Nachrufe, keine fiktiven oder nonfiktiven Autorenkommentare zum zuvor Erzählten. Enden, basta. Höhepunkte des Erzählens, dort wo sie hingehören. An den Schluss.
“Ich lege mich zwischen die Weihnachtsstollen und falte die Hände auf dem Bauch, der schon wieder aufgebläht ist und übervoll, ich spüre durch die Jacke hindurch die Heftzwecke pieksen, spüre das Eis an den Seitenwänden der Truhe und höre das Geräusch von Schlittschuhen. Dann nehme ich die Kröten aus meiner Jackentasche und setze sie neben mich in die Gefriertruhe. Ihre Häute sind bläulich, die Augen geschlossen. Wenn Kröten einmal aufeinanderhocken, bekommt das Männchen schwarze schwielenartige Knubbel an den Daumen, damit er das Weibchen besser festhalten kann, habe ich irgendwo gelesen: Sie sitzen so still und nah beieinander, dass es mich rührt. Aus der anderen Jackentasche nehme ich die glatt gestrichenen bunten Silberfolien von den Schokoladenfröschen und lege sie vorsichtig um die Krötenleiber, damit sie warm bleiben. Ohne weiter nachzudenken, trete ich mit dem Fuß den Stock weg und flüstere: “Ich komme, lieber Matthies.” Ein harter Schlag, das Licht erlischt. Es wird pechschwarz und still. Eisig still.”

Aus dem Niederländischen übersetzt von Helga van Beunigen
Ich habe gerade ihr mich verstörendes “Mein kleines Prachttier” ausgelesen. Das Buch kenne ich noch nicht.
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