Message from the quarantine 6

Die Krisengewinnler in Zeiten der Quarantäne: Die Hersteller von Toilettenpapier (Deutschland); jene von Rotwein und Kondomen (Frankreich). Un farceur qui pense mal.

Auf den Finanzmärkten gehen die Baisse-Spekulanten in Stellung, sorgen sich lediglich darum, die Bodenbildung der Kurse zu verpassen, die ihnen den profitabelsten Wiedereinstieg in die Wertpapier-Rallye gewähren könnte.  “Ich habe meinem Team gesagt: Lasst uns auf die Jagd gehen. Denn uns kommen reihenweise tolle Gelegenheiten entgegen”. O-Ton Hendrik Leber, Chef der Kapitalverwertungsgesellschaft Acatis Investment.

Deutschland hält den Atem an und fiebert mit, zu welchen Gunsten sich die Waage neigt, wenn die Exegeten eines Lockdowns und die Propheten eines verheerenden  wirtschaftlichen Niedergangs aufeinander prallen. Und welchen Umfang an Zustimmung  beide Parteien in der Bevölkerung für sich beanspruchen können.

Die Berliner Morgenpost fragt: “Braucht Deutschland bald erstmals seine Notstandsgesetze?”. Die damalige Große Koalition mit ihrer verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit verabschiedete am 30. Mai 1968 die Notstandsgesetze. Die deutsche Notstandsverfassung besteht mithin aus diesen Notstandsgesetzen, die den Notstand, den Verteidigungsfall, den Spannungsfall und den Katastrophenfall regeln.

Die aktuell getroffenen Regelungen berufen sich auf den Notstand einer grassierenden Pandemie.  Das bedeutet,  dass bei Fortbestehen der Bedrohungslage eine umfassende Ermächtigung der Regierung zum Abbau oder gar Suspendierung der Grundrechte, eine Kompetenzverlagerung von der Legislative auf die Exekutive sowie der Einsatz der Streitkräfte im Innern die  Folge sein könnte.

Artikel 35 und 91 des Grundgesetzes sind für den Fall der Bekämpfung einer akuten Pandemie besonders zu beachten. Die Bundesregierung könnte, sofern eine Naturkatastrophe das Gebiet mehr als eines Bundeslandes gefährdet, “den Landesregierungen die Weisung erteilen, Polizeikräfte anderen Ländern zur Verfügung zu stellen, sowie Einheiten des Bundesgrenzschutzes und der Streitkräfte zur Unterstützung der Polizeikräfte einsetzen” (Art. 35, 3 GG). Ist ein Bundesland “nicht selbst zur Bekämpfung einer Gefahr bereit oder in der Lage, so kann die Bundesregierung die Polizei in diesem Lande und die Polizeikräfte anderer Länder ihren Weisungen unterstellen (…) Erstreckt sich die Gefahr auf das Gebiet mehr als eines Landes, so kann die Bundesregierung, soweit es zur wirksamen Bekämpfung erforderlich ist, den Landesregierungen Weisungen erteilen” (Art. 91, 2 GG).

Jeder mag für sich entscheiden, welches Übel ihm das kleinere dünkt. Die Scylla  der Pandemie oder die auszusitzende  Charybdis der weltwirtschaftlichen Disruptionen. Vielleicht ist das in Ansatz genommene gleichzeitige Ausweichen beider der aussichtsreichere Weg?

Scylla_Charybdis

 

 

 

 

 

 

 

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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10 Comments

  1. “Jeder mag für sich entscheiden, welches Übel ihm das kleinere dünkt.” – Ich weiss es nicht, lieber Achim, wirklich nicht.
    Liebe Gruesse, und bleib’ gesund,
    Pit

  2. Ich auch nicht lieber Pit. Letztlich bestimmt die Verbreitungsdynamik des Virus und die Dauer der Frist bis zu seiner hoffentlichen Eindämmung den Spagat, den wir bei der gleichzeitigen Berücksichtigung beider Übel auf uns nehmen müssen.

    Bleibt gesund, du und Mary

    Liebe Grüße

    Achim

    • Ich hoffe aber, lieber Achim, dass in einem demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik, diese Zwangsmassnahmen wieder zurueckgenommen werden. Andere Staaten nutzen das ja bekanntlicherweise fuer weiteres Abschaffen der Demokratie aus.

      • Ich bin guten Glaubens, dass diese Maßnahmen wieder zurückgenommen werden, falls es objektive und validierte Gründe gibt, dies zu tun. Sollte das Virus nicht mit den bisherigen und weiteren Maßnahmen (Ausgangssperre) zurückzudrängen sein, werden wir, glaube ich, sowieso die Schleusen öffnen müssen, um eine vollständige Immunisierung der Bevölkerung zu provozieren, unabhängig von den gravierend anwachsenden Zahlen von Toten.

        • Meinst Du damit, dass man nicht mehr verhindern soll, dass sich Menschen gegenseitig anstecken, damit moeglichst schnell die sogenannte “Herdenimmunitaet” erreicht wird?

          • Ja, wenn wir alles Pulver verschossen haben sollten, wozu wahrscheinlich das Ausrufen einer Bundesländer übergreifenden Ausgangssperre gehören wird.

            • Hoffentlich wird es so weit nicht kommen. Die Erfahrungen anderer Laender wir Suedkorea und Singapur scheinen ja zu zeigen, dass (Selbst)isolation hilft.

              • Ich hoffe es auch nicht. Wir als Rentner sind besonders gefährdet, und doch haben wir die luxuriöse Situation, uns nicht mehr unter das arbeitende Volk mischen zu müssen, das dabei ist den Laden einigermaßen zusammen zu halten.

                Liebe Grüße

                Achim

                • Hier wird im Augenblick auch an verstaerkte Restriktionen gedacht, aber als alter Zauderer zoegert Trump, das USA-weit anzuordnen. Es wird wohl bei einer Empfehlung bleiben. Hier fuer uns in Texas gilt auch mehr eine Empfehlung, zuhause zu bleiben, denn eine Anordnung. Und selbst das hat mehr Loecher als ein Schweizer Kaese. Was mich ganz besonders aufregt: Kirchen und andere religoese Gemeinschaften sind davon ausgenommen. Sie werden z.B. mit der Feuerwehr als “essential services” eingestuft und so sind Versammlungen immer noch erlaubt.
                  Wir haben seit heute in Gillespie County den zweiten gestaetigten Fall, aber wir selber sind ja – wie Du auch sagst – in der gluecklichen Lage, zuhause bleiben zu koennen. Und das tun wir auch – ausgenommen zum spazierengehen. Da unsere Nachbarschaft sehr weitlaeufig ist, geht das prima, ohne Anderen zu nahe zu kommen. Und alles fuer den taeglichen Bedarf Notwendige koennen wir uns zum Glueck ja liefern lassen.
                  In diesem Sinne: bleib’ gesund!

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