Emily Brontë – An Elegy

Emily Bronte, an elegy
Emily Bronte
auf Emily Jane Brontë

Derjenige, der lebt, muss trauern. Ich bin besessen. Du bist nicht tot, du schläfst. Lieben muss ich dich. Ein exerzierender Soldat im rastlosen Takt deines Weidenholzstabes, deiner Nebel, des Winterreifs, des gefallenen Luzifer und ader  schneidenden Klarheit deiner Sterne über dem Moor. Der Takt deiner Passionen, wie das willenlose Streifen von Licht über flammendes Heidekraut, der Ornat deiner wenigen Sommer.

Ich bin in deinem Schweigen eingeschlossen, ein klagender Hund, ein Fuchs, gefangen in einem Bau der freien Imagination, in der Vision, dass Mann und Weib gleich geboren sind und sterbend gleich.

Hinter der Wehr deines Geistes schreibst du die Pandemie der Liebe fort mit kleinen Kinderhänden. Ihre Rachsucht, ihr schlingendes Verzehren, ihr anwährendes Vergehen. Der Regen hat dein Moor erschaffen, die Fremde schuf dein Heimweh und deine Klause die schwindelnden Höhen.

Ich erbete die Gebirge deiner Worte und das sanfte  Sinken von Löwenzahnsamen auf die sänftigende Heide. Die Moore waren deine Berge, blutrot gegen den Himmel gesetzt wie Feuer, Erz und Esse, ohne Schonung und kümmerlos. Ich weiß, dass du das Herz und Mark eines Königs hattest, you feeble woman, für die kein engerer Sarg davor gezimmert wurde.

Der Welt deiner Mysterien war selbst die Luft zu eng, zu tiefenlos für die Frau mit dem fremden Namen und ihrer winzigen Geschichte. Mein ganzer Zorn der Natur, die dich mit einem Wischen aus dem Leben bannte, obwohl du nie untreu wurdest gegen sie. Deine Geschichte ist weder Schall noch Wahn, nichts bedeutend. Sie bedeutet mir alles und wenn die Welt sich selbst beschreiben könnte, sie beschriebe sich mit dir. 

Du liegst nicht neben allen deinen Schwestern und der, der klagt, lässt dich nicht im Schlaf in Frieden ruhen. Ich will nicht klagen. Du bist nicht tot. Du schläfst. No coward soul is mine, schriebst du.  Und der, der lebt, ist nicht feige, wenn er klagt.

© Achim Spengler
_____________________________

He that lives must mourn. I’m obsessed. You are not dead, but sleeping. I should have loved you like an exercising soldier in the restless rhythm of your willow stick, your fogs, the winter frosts, the fallen lucifer, the edge cutting clarity of your stars over the moor. In the rhythm of your passions, deep as a gap, like the willless streak of light over flaming flowers in the dress of your few summers.

I am enclosed in your silence, a moaning dog, a fox, trapped in a burrow of free imagination, in the vision that man and woman were born the same and dying the same.

Behind the reinforcement of your mind you wrote forth the pandemic desease of love with small children’s hands. Her vengeance, her devouring consumption, her ongoing transience. The rain created your heath, strange places created your homesickness and the hermitage of yours your dizzying heights.

I pray for mountains of your words and for the gentle sinking of dandelion seeds onto the soothing heather. The bogs were your mountains, set blood-red against the sky like fire, ore and forge, ruthless and carefree. I know you had a king’s heart and marrow, you feeble woman, for whom no such narrow coffin was ever made before.

Even the air was too restricted for the world of your mysteries, with lack of deepness for the woman with the strange name and her tiny history. All my anger at nature, which wiped you out of life even though you never became unfaithful to it. Your history is neither sound and fury, signifying nothing. It  means everything for me and if the world could describe itself, it would describe itself with you. 

You are not lying next to all of your sisters and the one who laments will not let you rest in peace in your sleep. I don’t want to lament. You are not dead but sleeping. No coward soul is mine.  And he who lives is not a coward, when he mourns.

© Achim Spengler

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

Articles: 604

11 Comments

  1. Lieber Achim,
    Was hast Du Dir da von der Seele geschrieben…?
    Du weckst Emily Brontë tatsächlich noch auf, welcher Geist kann bei solchen Worten friedlich ruhen…?
    Wer klagt, hat noch Kraft, lernte ich von meinen umbarmherzigen Sportkumpeln am langen Berg. Wer klagt, spricht noch. Schweigen kann auch bedeuten, keine Kraft zum Sprechen mehr zu haben. Das ist der traurigste Grund für ein Schweigen…denn dann gibt es auf.
    Etwas von Emilys Geist lebt weiter, wird spürbar in ihren Worten, beim Lesen ihrer Gedichte. Ihre Einsamkeit in Remembrance ist absolut, schier untröstlich.
    Sie starb an einer Pneumonie, davor hatte sie eine Lungenentzündung.
    Viel zu früh, zu jung…mit nur 38 Jahren verstarb sie in Haworth, las ich.

    „I wish I were a girl again, half-savage and hardy, and free.“ (Emily Brontë, aus Wuthering Heights)

    Liebe Grüße,
    Amélie

    • Liebe Amelie,

      wir hatten es ja schon davon. Von der Seele geschrieben, hm, eher war es so, dass ich mich in einer Art Delirium befand, und dieses überwinden musste. Immer, wenn ich mich mit den Bronte Schwestern beschäftige, überkommt mich ein Schwall von Gefühlen, die mich erschrecken. Sehnsucht, Trauer, Zorn. Diese viel zu jung Gestorbenen. Was hätten sie noch alles geschrieben? Hat diese Landschaft sie geprägt? Was hat sie geprägt? Die Bücher in der Bibliothek ihres Vaters? Die zeitgenössische Literatur? Die Bücher der englischen Frühromantik? Speziell Lord Byron danach, für Emily? Es gibt einfach zu wenig Zuverlässiges über das Leben der jüngeren Schwestern geschrieben. Die Hauptquelle für Charlottes Leben stammt aus der Feder von Elizabeth Gaskell, die Branwell, Anne und Emily nie selbst kennengelernt hat. Vieles ist überbracht in den biografischen Notizen Charlottes, aber trugen diese den jüngeren Schwestern objektiv Rechnung? Das wenige, was wir wissen, befeuert natürlich die eigene Phantasie und jeder Liebhaber ihrer Bücher kommt nicht ungeschoren davon, wenn er sich aufmacht, diese Menschen zu würdigen. Um eine Art Verklärung ihrer Lebensgeschichte kommt er nicht herum.

      Ich muss aber sagen, dass es mir nach diesem Lamento besser geht. So süsslich, so sentimental dieses auch daherkommen mag. Jedoch die Gefühle zu erden ist nie Teil von Elegien gewesen. Für mich gehört Wuthering Heights zum Größen, was die englische, ja die Weltliteratur, im Romanfach vermutlich hervorgebracht hat. Klar da gibt es Dickens, Austen, Hardy, Tolstoi, Dostojewsi und weitere andere Große. Aber neben Shakespeare hat es bis heute einen unauslöschlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Ich kenne keinen von einer Frau geschriebenen, zeitgenössischen Roman, der an es auch nur annähernd heranreicht. Aber, um ehrlich zu sein, ich kenne vermutlich viel zu wenig von zeitgenössischer Literatur.

      Liebe Grüße

      Achim

      • …eins noch:
        nach meinem Ermessen ist das, was Emily Elegy zu sagen hat, kein Lamento, es liest sich nicht die Spur süßlich….denn auf Süßliches reagiere ich von Natur aus hochallergisch. Für mich liest Dein Text sich wie eine Liebeserklärung an eine Künstlerin und ihr Schaffen, ihr Sein und er trauert um ihren Tod und um die verloren gegangenen Geheimnisse der Bronte-Geschwister, ihre tiefe Verbundenheit, ihr Miteinander. …

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

Translate »

Discover more from A Readmill of my mind

Subscribe now to keep reading and get access to the full archive.

Continue reading