Notate 25

Gratismut nennt Enzensberger ein Verhalten, das couragiert tut, in der Öffentlichkeit aber nicht anzutreffen ist, weil es ihm an Zivilcourage gebricht. Gutes gedacht, das Handeln aufgeschoben. Noch ist ja alles nicht so schlimm.

Die Diskrepanz zwischen Werten und Handeln ist empirisch belegt. Die aufgeschobene Widerständigkeit. Der Bystander Effekt: Wenn alle nur zuschauen, kann es so schlimm nicht sein.

So wie es die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gibt, gibt es die gruppenbezogene Ignoranz. Sie ist die Menschenverachtung, die im Kleid nicht justiziabler Unwissenheit daherkommt.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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10 Comments

  1. Lieber Achim,
    da bist du ja wieder! Wie schön!!! Ich habe in dieser Woche schon einmal bei dir eschaut, ob deine Beiträge vielleicht nicht mehr in meinem reader angezeigt werden, aber nein, du hast einfach eine lange Pause gemacht –
    Und hast mit sehr wenigen Sätzen genau das ausgedrückt woran die Menschheit krankt. Lasse ich mal die weg, die sich engagieren, die nicht leise, nicht ignorant sind, aber wer hört hin, wer sieht hin und wer hat den Mut wirklich aufzustehen und zu sahen: es reicht! Eine couragierte sechzehnjährige Schwedin, ja – gelbe Westen auch, wobei ich doch auch Vorbehalte habe, aber sonst so …?
    Herzliche Sonntagabendgrüße
    Ulli

    • Liebe Ulli,

      die Blogpause war aus zweierlei Gründen notwendig. Gesundheitliche Gründe waren vorwiegend. Aber auch eine Flaute im Bereich der Ideen und der Anlässe. Überhaupt weiter bloggen zu wollen stand Spitz auf Knopf. Müdigkeit an Haupt und Gliedern sozusagen
      Ich taste mich langsam wieder heran 🙂

      Liebe Grüße hinauf zum zweiten Berg.

      Achim

  2. Heute dachte ich mir, ich kann doch nicht einfach hinnehmen, dass das Wettrüsten mit Atomraketen wieder anfängt, nachdem wir doch vor 40 Jahren kräftig mitgeholfen haben, dass es aufhört. Danach wurde es ruhig, nicht nur bei mir. Aber an Ostern gibt es ja wieder die Märsche. Ich bin dabei.

    • Einerseits spielt Meister Putin die Karte des hedonistischen westlichen Individualismus trefflich aus, zum Zweiten leidet er wohl immer noch an den Kränkungen, die man rüstungspolitisch seinem Land zugefügt hat, und die er sehr persönlich nahm. Es wird immer gefährlich, wenn das gekränkte oder das sich grandios dünkende Ego Weltpolitik macht. Ob da Ostermärsche helfen?

  3. Lieber Achim,
    Schön, von Dir zu lesen und der Gratismut von Hans Magnus Enzensberger passt leider nur zu gut zum allgemeinen Wegsehen. Besonders von den eigenen Vorurteilen, von der eigenen Voreingenommenheit. Wer glaubt, davon frei zu sein, steht bereits auf der lichtabgewandten Seite seines Bewusstseins. Ignoranz und die Übernahme menschenfeindlicher oder ignoranter Gesinnungen werden wie Staffeln von Generation zu Generation weiter gereicht. Es ist höchst unbequem, sich davon frei zu boxen. Wer lieber lässt den andern lenken, ist bloß zu faul zum Selberdenken…
    Oder aber traut es sich nicht zu- was noch viel schlimmer ist.
    Nun müssen schon Kinder offiziell schweigen gehen, damit sie Gehör finden. Und sie werden dafür ausgehasst und angefeindet. Ich spiele, wie Ulli, auf Greta Thunberg an, jene sechzehnjährige Klimaaktivistin aus Schweden.
    Viele liebe Grüße aus dem heute sonnigen Nordwesten von der Fee ✨

    • Guten Morgen, liebe Karfunkelfee und lieber Achim,
      einesteils gebe ich euch ja Recht, aber ich finde zugleich, dass dieses Thema hier viel zu vereinfacht angegangen wird. Wenn jeder, also das Volk, seine Meinung kundtut, dann sind wir bei den Gelbwesten und der AfD. Die Herrschaft des Volkes ist genauso zu fürchten wie die Herrschaft gegen das Volk.
      Ich weiß auch keinen Weg aus dieser Misere, die eine Krise der Demokratie ist, wie sich z.Zt. bes. deutlich in UK und Frankreich zeigt.
      Immerhin reflektiert doch Enzensberger die Situation. Ich finde das besser als der Aktivismus ohne Reflektion.
      Ich wünsche euch eine angenehme Woche
      Klasbernd 🙂

      • Lieber Klausbernd,

        Demokratie heißt übersetzt Herrschaft des Volkes. Vor der Willkür des Volkes schützt uns in Deutschland das Verhältniswahlrecht und die Gewaltenteilung.
        Es ist also nicht so sehr die Angst vor der Willkürherrschaft des Volkes, die uns umtreiben sollte, sondern die Aufweichung der Prinzipien der parlamentarischen Demokratie und das schleichende Gift des Autokratismus, der uns die Köpfe vernebelt. Ich sehe zur Zeit keine Krise des politischen Systems, sondern eine gravierende Krise des Staatsbürgers, der diesen demokratischen Grundstrukturen nicht mehr zutraut, seine egoistischen Bedürfnisse zu befriedigen.

        • Lieber Achim,
          relativ ist wohl die Demokratie das kleinste Übel aller politischen Systeme, die ausprobiert wurden. Wie geschrieben, ich stehe der Herrschaft des Volkes äußerst skeptisch gegenüber.
          Vielleicht hast du Recht, es mag korrekter sein, von einer Krise des Parteiensystem zu sprechen. Aber ich würde nicht von einer Krise es Staatsbürgers reden. Das erinnert mich an Brechts Vorschlag anlässlich des 17. Juni 53, vielleicht sollte die Regierung ein anderes Volk suchen.
          Ich weiß, es ist millionenmal bereits gesagt worden, dass moderne Medien und unterschiedliche Bildungschancen eine funktionierende Demokratie torpedieren.
          Anyway, ich finde es anerkennenswert, dass du einer der wenigen Blogger bist, die sich stets auch politisch verstehen.
          Mit herzlichen Grüßen vom heute grauen Meer
          Klausbernd 🙂

    • Liebe Amelie,

      Ziviler Ungehorsam gegen die Knute des Kapitalismus ist aus meiner Sicht noch wichtiger als der Rant gegen die Politik. Die Politik geht schon lange nur am Gängelband der weltweit operierenden Konzerne. Der gewissensfreie Furor des Konsums, alles andere interessiert uns doch nur noch peripher. Wir sollten die Politik vor dem Lobbyismus der Konzerne in Schutz nehmen, dem Moloch der Korruption eine alternative politische Stimme entgegensetzen, dabei aber immer noch Politik betreiben wollen, und keine Anarchie.

      Liebe Grüße

      Achim

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