Notate 7 – Prophetie

Richard Rorty, der 2007 verstorbene große amerikanische Philosoph und Literaturwissenschaftler, Neopragmatiker und liberaler Ironiker beklagt in seinem Büchlein Achieving our Country: Leftist Thought in 20th-Century America (deutsch:  Stolz auf unser Land. Die amerikanische Linke und ihr Patriotismus) die marginale gesellschaftliche Gestaltungskraft der amerikanischen politischen Linken und ihre Verabschiedung als Partei der Hoffnung aus der politischen Arena. Die mittelbaren Folgen der Absenz einer linken Politik taxierte Rorty unter anderem wie folgt: Der Aufstieg ordinärer Ideologen. Der Anstieg der sozialen- und ökonomischen Ungleichheit. Der  Anbruch einer Orwellschen Welt. Das Aufbegehren der wirtschaftlich und sozial Deklassierten. Die Wiederkehr des Ressentiments. Die Abwertung von Frauen und Angehörigen von Minderheiten. Das Buch erschien 1999.

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1998 mutmaßte Ralf Dahrendorf, dass das 21. Jahrhundert das Jahrhundert des Autoritarismus werden könnte. Autoritäre Systeme mit fachistoidem Anstrich, als Antwort auf den Leistungsabfall demokratisch legitimierter Parteienpolitik in Zeiten sozialer und ökonomischer Krisen, als Folge des Verlusts nationaler Souveränitäten und des Verlusts der Kontrolle über die nationalen Volkswirtschaften.  Wilhelm Heitmeyer und Dani Rodrik,  warnten etwa um die gleiche Zeit, im Rahmen der ersten kritischen Globalisierungsdebatten, vor einem autoritären Kapitalismus, staatlicher Repressionspolitik, rabiatem Rechtspopulismus, sozialer Desintegration und protektionistischen Rückschlägen. Schöne neue Welt.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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7 Comments

    • Die 68er habe ich nur erlebt aus der Perspektive der staatstragenden Rundfunkanstalten. Wasserwerfer, Tränengas, pöbelnde studentische Massen. das war die Brille, die man uns verordnete. Die erste Generation der RAF (meinetwegen als verquerer, radikaler Ausläufer der 68er) habe ich dann schon bewusster erlebt. Die Lektüre von Herbert Marcuse kam dann noch einmal zeitversetzter.

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