Letzte Sätze 17 – J.L.Carr – Ein Monat auf dem Land

“Wir können noch so bitten und flehen, aber wir werden das, von dem wir einst glaubten, es würde uns auf ewig gehören, nicht wiederbekommen – die Art, wie die Dinge aussahen, allein diese Kirche inmitten der Felder und Wiesen, das Bett auf dem Dachboden unter dem Glockenstuhl, eine Stimme in unserer Erinnerung, die Berührung durch eine Hand, ein geliebtes Gesicht. Sie sind für immer verloren, und man kann nur warten, bis der Schmerz über den Verlust nachlässt.
All das geschah vor langer Zeit. Und ich bin nie wieder zurückgekehrt, habe niemandem geschrieben und bin niemandem begegnet, der mir Neuigkeiten von Oxgodby hätte berichten können. Und so bleibt es in meiner Erinnerung, wie ich es zurückgelassen habe, ein versiegelter Raum, von der Vergangenheit möbliert, luftdicht, reglos, gleich längst vertrockneter Tinte in einem vor langer Zeit niedergelegten Federhalter.
Doch davon wusste ich noch nichts, als ich das Tor hinter mir schloss und mich quer über die Wiese auf den Weg machte.”

j-l-carr-ein-monat-auf-dem-land

J.L. Carr

EIN MONAT AUF DEM LAND
Roman

144 Seiten , Originalverlag: Harvester Press, Originaltitel: ›A Month in the Country‹
Erscheinungstag: 19.07.2016
ISBN 978-3-8321-9835-0
Übersetzung: Monika Köpfer

 

 


 

 

 

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

Articles: 604

7 Comments

  1. Danke, Achim, es passt perfekt zu meiner Stimmung und es ist doch immer gut zu wissen, dass der Schmerz des Verlusts nachlässt und es ist beruhigend zu wissen, dass er immer ein wenig bleibt!
    LG Susanne

  2. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe auch an deine Situation, deinen Schmerz, deine Trauer gedacht. Ich habe dir drüben auf deinem Blog nochmals geantwortet, liebe Susanne.

    Herzliche Grüße

    Achim

  3. Das sind ein paar beeindruckende letzte Sätze. Meine Mutter sagte gestern, sie würde sich noch an jedes Detail im Wald erinnern, jedes noch so kleine. Ich brachte ihr Fotos mit, weil sie selbst zu kranke Füße zum Wandern hat. Bilder sind so hohl, sagte sie. Das kommt, weil sie nach nichts riechen können, antwortete ich. Der Wald riecht noch exakt genau so wie ich ihn seit Kindheiten erinnere: eine Mischung aus trockenen Tannennadeln, bittersauberem schwarzen Sand, nach Sonne und jenem, das so viel ist, dass es in kein Format hineinpassen will. Wasist die Erinnerung wirklich? Ein Trost, der bleiben kann wo das Berührbare unnahbar geworden ist. Ein verklärtes Bild, dem man den Nimbus verzeiht, weil es einen glücklichen Moment behüten soll.

    Liebe Grüße und Dank für den Buch-Tipp,
    Stefanie

  4. Kindheitserinnerungen sind auch bei mir noch sehr present. Vielleicht sind sie tatsächlich unvergesslich. Man sagt ja, je älter man werde, desto klarer erscheinen die Erinnerungen untrüglich vor dem inneren Auge. Unbestechlich, sozusagen.

    Liebe Grüße

    Achim

  5. Ein weiteres wunderbares, kleines, anrührendes Buch! Auch das geliehen von Astrid und in einem Rutsch gelesen! Ich glaube, ich muss es mir selbst anschaffen, denn es gehört einfach in unser Bücherregal!
    Letzte Woche kaufte ich dann ein weiteres Buch von ihm – “Wie die Steeple Sinderby Wanderes den Pokal holten”. Was mich hier wohl erwartet? Ich freue mich schon…

    • Schön, dass es dir gefällt. Es passt ja auch zu unserer Begeisterung für England und vor allem zu seinem “rural life”. Das Buch hatte für mich etwas unbestimmt Tröstliches. Nicht so sehr die Tatsache, dass Vergangenes nicht wiederbringbar ist, sondern das etwas Schönes erlebt werden durfte, eine Gnade sozusagen, die in der Begegnung der wunderbaren Menschen liegt, die uns der Roman vorstellt.

      „Wie die Steeple Sinderby Wanderes den Pokal holten“ steht schon seit einiger Zeit auf meiner Liste.

      Liebe Grüße

      Achim

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

Translate »

Discover more from A Readmill of my mind

Subscribe now to keep reading and get access to the full archive.

Continue reading