Was tut die Zeit, wenn sie nicht heilt?

Wohin es uns führt, wenn wir über die Zeit spekulieren, erhellt sich an der Frage, was denn mit ihr  geschieht,  wenn das Universum in den Grenzen dessen, was uns vom  ihm bekannt ist, endet. Oder ein neues entsteht.  Isaac Newtons absolute Zeit, die an sich verfließt, und dies gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand, diese solcherart aufgefasste Zeit hat kein Ende, da sie weder an die mikroskopisch kleinsten, noch an die makroskopisch größten vorstellbaren Dinge gebunden ist. Sie ist auch nicht an Bewegungen gebunden. Sie existiert, egal, ob wir existieren, ob wir versuchen sie zu beobachten oder ob wir sie mit deskriptiven Begriffen einzuhegen suchen. Sie ist. Für jeden Beobachter ist sie universell gleichermaßen gültig und in ihrer Indifferenz messbar. Das ihr unterstellte Fließen suggeriert dabei, dass sie keinen Unterbruch kennt und keinen Richtungswechsel. Schopenhauer  jedoch spricht vom stehenden Jetzt, dem nunc stans, welches das Wesen der Zeit sei. Der mit ihr einhergehende Wechsel von Erscheinungen und Begegebenheiten sei eine bloße Folge unserer Auffassungen derselben in den Anschauungsformen der Zeit. Die Anschauungsformen der Zeit erst machen aus ihr einen in die Zukunft gerichteten Zeitpfeil. Kant seinerseits spricht von der Zeit als notwendige Vorstellung, die allen unseren Anschauungen zugrunde liegt, insbesondere, wenn es um die Betrachtung unseres zerfallenden Körpers geht. Und zuguterletzt die Sensation, dass die Zeit eine relative Größe sei, gebunden an Bezugssysteme, unterscheidbar gemessen, wenn jene Systeme  sich mit annähernder Lichtgeschwindigkeit zueinander hin- oder fortbewegen. Uhren lügen nicht, sagte Einstein und Zeit sei, was Uhren anzeigen.

Diese Dichotomien können verwirren. Noch verwirrender ist allerdings für mich die Frage, was die Zeit denn tut, wenn sie nicht heilt? Die liebe Candy Bukowski (hier gehts zu ihrer Seite) hat sie mir gestellt. Eine veritable Nussknackerfrage, mit Fallstricken und Spekulationen versehen, tiefen Blicken in die tiefsten Abgründe der Zeit und dem zeitlosen Bemühen, sie verstehen zu wollen. Obwohl Wittgenstein beschied, dass die Frage Was ist die Zeit?, keine sinnvolle Frage sei.

Zeit1Aber hier soll es nicht um die Frage nach dem Wesen der Zeit gehen. Wenn man behauptet, die Zeit heile alle Wunden, unterstellt man ihr, dass sie bei der Rückgewinnung unserer seelischen und körperlichen Gesundheit eine aktive Rolle ausübt. Hat sie dann auch ein Wesen, ist sie dann eine kommunikative Instanz, eine Persönlichkeit, die ich auffordern kann, zu heilen?  Und was sind die Konsequenzen, für mich und die Zeit selbst, wenn sie es nicht tut? Kann ich klagen? Allein der Indikativ, den wir der Zeit zukommen lassen, wenn wir sagen sie zeitigt, gibt unserer Überzeugung Ausdruck, dass sie mehr für uns ist als nur der ferne Hauch ihres Vergehens.

Wir empfinden, dass sie hinter unserer Individuation steckt und unser Leben in ein Davor und Danach unterteilt, sie uns am Ende vielleicht doch noch als religiös verbrämtes Vehikel ewigen Lebens metaphysischen Trost zu spenden in der Lage ist. Heilt sie aber auch, weil sie es kann, aktiv, mit oder sogar ohne Aufforderung? Angesichts meiner Vergänglichkeit, so mein Urteil, ist die Beantwortung dieser Frage nicht notwendig, weil sie nicht wichtig ist. Es ist meine Annahme, dass ich an meinem Lebensende alle geistes- und naturwissenschaftlichen Begriffsbindungen zur Zeit leichthin  würde kappen wollen, wollen würde, dass sie nicht mehr um mich sei, wenns ans Sterben geht. Würde ihr das Recht absprechen wollen, meinen Körper als unheilbares Gefäß meiner Seele zu zeitigen, obwohl mir bewußt ist, dass er im Prozeß des Zerfallens das Korrelat des thermodynamischen Zeitpfeils darstellt, der in die Richtung vollständiger Entropie verweist. Am Ende aber heilt sie nicht, die Zeit, es scheint gegenteilig so zu sein, als lege sie mit zwischenzeitlichem, potentiellem Heilen nur eine falsche Spur der Illusion, dass es mit ihren lebenserhaltenden Potentialen immer so weiter gehen würde.

Die Newton`sche Zeit hätte gleichwohl alle Zeit der Welt, zu heilen, unabhängig davon, was denn zu heilen wäre. Liebeskummer, Verlust, Schmerz, sogar den Krieg, dem sie irgendwann einmal den Frieden schenkt. Alle Zeit der Welt zu haben entzieht sie aber auch dem Umstand, haftbar gemacht werden zu können, wenn sie es nicht schaffen sollte, im zeitlichen Erwartungshorizont eines trauernden Menschenwesens zur angemessenen Rechtzeitigkeit seelische Entlastung zu bringen. Und was ist, wenn sie es überhaupt nicht schaffen will, sozusagen nie? Dieses Nie ist doch nur ein vorläufiges NIE, innerhalb unserer begrenzten Lebenszeit.

Im Tod sind alle gleich und die große Wunde des Lebens ist für immer geschlossen. Vielleicht denkt so die Zeit und was kümmert es sie dann, wenn wir trauern? Kümmert sie sich um uns? Heilt sie vornehmlich in überschaubaren fristgerechten Zeitblöcken, eingedenk unserer kurzen Zeit, die wir auf Erden verbringen? Heilt sie innerhalb von Zeitabschnitten, die es uns ermöglichen, den Fortschritt unserer Seelenlage hin zur Heilung bewußt erleben zu können? Ist es nicht anmaßend von uns, von der Zeit individuelle Heilung zu fordern, während sie doch Wichtigeres zu tun hat, nicht an anderen Orten, sondern überall zugleich? Vielleicht ist Zeit wirklich nur die Methode der Natur, zu verhindern, dass alles auf einmal passiert, wie es John A. Wheeler einmal trefflich formuliert auf einer Toilette in Austin, Texas, fand. Ist das Wichtigere für sie nicht das Element, aus dem sie besteht, nämlich dem Vergehen hin in Richtung auf ihre Unendlichkeit, ihre Ewigkeit? Diesem Paradoxon? Ihrem nunc stans? Und ist es infolgedessen nicht logisch zu behaupten, bei all den Prämissen bis hierher, dass sie vergeht, nicht nur wenn sie nicht heilt, sondern grade auch dann, wenn sie es tut?

Schwindelmachende Abgründe. Eines ist dabei gewiss: Zeit als physikalische Größe, als Abfolge von Ereignissen, deren Reihenfolge unumkehrbar ist, diese Zeit macht nicht wieder alles gut, exakt so wie es davor war. Der Zeitpfeil, liebe Heilsuchende, ist unumkehrbar. Das betrifft auch die Wunde, die nicht mehr in ihren Vorläufer, die nicht vorhandene Wunde, zurückverwandelt werden kann. Insofern ist das Heilen, wie es die Zeit vermag, gebunden an die Tatsache, dass sie nicht wiedergutmachen kann, sondern allenfalls kann sie vergessen machen. Das scheint mir plausibel zu sein. Der einzige Aggregatszustand der Heilung ist das Vergessen dessen, was es einmal als narzistische Kränkung gab. Auch der Ersatz dient dem Vergessen. Oder das Neue. Das neue Interessante. Thomas Mann hat in seinem Roman Der Zauberberg davon gesprochen,

York - Shambles
York – Shambles

Wir alle wissen, wenn es zum Liebeskummer kommt, wie die Zeit sich dehnt, wie sie kriecht, wie sie liebäugelt mit ihrem Stillstand und wie das immer wieder zu unserer größten anzunehmenden Verzweiflung führt. Die Rettung naht gewiss nicht nicht mit Newtons absolutem Zeitbegriff. Auf diese Art von Zeit haben wir keinen, die Nöte erleichternden Einfluß. Bei der relativistisch zugerüsteten Zeit dagegen braucht es schon einen Anflug von Lichtgeschwindigkeit, mit der wir uns und unsere Trauer bewegen, damit überhaupt ein heilender Effekt vergleichbar gemacht werden könnte, verglichen mit den heilenden Effekten der Zeit auf die konventionell sich fortbewegenden Trauerreisenden. Erst dann gerinnen das Trauern und das Heilen zu relativen, zeitlichen Größen, die unterschiedlich dauern. Die Quintessenz? Wir haben es selbst in der Hand, wie schnell zur Heilung geschritten werden kann, da es auch an uns lag, wie ausgeprägt die Trauer war, und wie schnell wir ihr davonfliegen. Nicht die Zeit heilt, sondern wir geben uns Zeit, damit etwas heilen kann. Dieser Tatbestand inthronisiert die Passivität  der Zeit, welche einfach nur vergeht. Es sei denn, wir reisten, als Zwilling, mit Lichtgeschwindigkeit, zusammen mit unseren Wunden.  Dann ist es so, dass unsere Wunden bei der Rückkehr zu dem Ort, wo wir unser Zwillingsgeschwister verlassen haben, vielleicht geheilt sein mögen. Währenddessen die Wunden des zurückgebliebenen Zwilling schon meterdick verschorft sind, im Orkus des Vergessens verschwunden. Dann mag es sein, dass er einen Menschenpartner gefunden hat, der ihm das Vergessen ans Herz gelegt und die seelische Wunde in eine  Archivnotiz der Biografie verschoben hat.

ÄskulapstabIch befürchte, die Wunden sind immun gegen die Zeit. Sie flackern in der Höhle unserer Erinnerung immer noch als Restwahrnehmungen einer Erschütterung. Die Zeit heilt keine Wunden. Es ist die Hand, die heilt, die uns führt, das Herz, das für uns schlägt, der Arm, der uns umfasst. All das heilt, wir erleben es jeden Tag. Die Zeit selbst hat von ihrem Vergehen keinen Begriff, obwohl sie es tut, weil wir ihr dabei zuschauen, immer dann, wenn wir unseren Körper beobachten. Wie kann sie dann einen Begriff von Heilung haben? Die Frage, was die Zeit tut, wenn sie nicht heilt, ist eine poetische Frage. Sie entstammt dem großen Fundus märchenhafter Narrative. Dort führt sie ein Eigenleben, ist nicht gebunden an den Takt und die Struktur unserer Lebensführung. Sie setzt sich als Absolutum über unsere jeweiligen Eigenzeiten hinweg und hat in ihrem Tornister das Riechsalz gegen die Ohnmacht. Das Besteck gegen den Hunger nach Liebe. Das Antibiotikum gegen den bakteriellen Befall des Liebesentzuges. Wir wünschten uns so sehr, dass sie heilen möge. Vielleicht tut sie es, weil wir daran glauben.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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22 Comments

  1. Dieser Beitrag, ja vielmehr dieses Essay, ist so ZEIT gut und schön, dass ich es mir abgespeichert habe. Satz für Satz klug und poetisch. Allein schon für den letzten Absatz bin ich froh und dankbar, dass ich mich entschieden habe und freundlich dazu gedrängt wurde, der WordPress-Welt nicht aus einem Impuls heraus den Rücken zu kehren.
    “Die Zeit heilt alle Wunden”: Gegen diesen Satz hat sich mir innerlich immer etwas gesträubt. Die Zeit legt allenfalls eine gnädige Staubschicht über dieselben – die bei jedem Windstoß aufgerissen werden können. Ja, die Zeit tut eigentlich nichts, außer zu vergehen – es liegt an uns, wie wir mit unserer Zeit umgehen, wie wir unsere Wunden versorgen, hegen oder verschließen.

    Mehr mag ich nicht schreiben – denn meine Worte klingen so “dünn” und belanglos angesichts dieses sprachmächtigen, wunderbaren Beitrags. Danke, Birgit.

    • Liebe Birgit, ich weiß kaum, was ich zu deinem Kommentar schreiben soll. Mit einer solch lobenden Replik habe ich nimmer gerechnet. Umso mehr berührt sie mich. Für ein solches Echo schreiben wir. Kritik, auch wenn sie begründet negativ ausfällt, ist das Salz in der Suppe von uns Bloggern. Positive Kritik ein Anlass zu großer Freude. Du hast mir große Freude bereitet. Und ich bin froh, dass du dich hast überreden lassen, deinen wunderbaren Blog, auf welche Art und Weise auch immer, erst einmal weiter zu führen. Ich möchte ihn nicht missen.

      Liebe Grüße

      Achim

    • Ja, das ist doch etwas, der Zeit eine Persönlichkeit zu unterstellen 🙂 Mit ihr ins Zwiegespräch zu kommen. DAs Frage- und Antwortspiel zu spielen.

      Liebe Grüße an dich nach Berlin

      Achim

  2. Chapeau! Lieber Achim, mich schwindelt es mit 🙂 Aber da ist Dir ein ganz großer Essay über die Zeit gelungen! Ich wusste schon, weshalb ich Dich zu meiner wundersamen, wunden Frage gebeten habe. Danke, dass Du die Einladung angenommen hast. Wow!

    • Es war mir wirklich eine Herzensangelegenheit, liebe Candy. Und dafür nimmt man/frau einen Schwindel gerne in Kauf. Ich habe deine Frage mit einigen Menschen diskutieren können. Und danke auch diesen hiermit für ihre Anregungen und Meinungen. Meine Befürchtung ist ja immer, dass der/die geneigte Leserin ab einer bestimmten Textlänge das Handtuch des Lesens werfen. Ich verspreche insofern, dass die nächsten Beiträge kürzer verfasst sein werden, es sei denn, du konfrontierst mich wieder mit einer ähnlichen “Hammerfrage” 🙂

      Liebe Grüße nach HH

      Achim

  3. Hallo Achim,

    Ich mag es, wenn Poesie, Wissenschaft und Philosophie sich die Hände reichen und das,
    was theoretisch und trocken ist, in Sprache würzen, süßen und singen.
    So teilt sich Wissen auf schönste Weise mit. Ich habe diesen Beitrag wirklich genossen, danke dafür.

    Das Wesen der Zeit ist ein faszinierendes, da es so abstrakt ist, da mein Verständnis zu klein ist dafür. Ich kann nur die menschenerdachten Herleitungen, theoretischen Mittel und Instrumente nutzen, um sie zu erfassen, damit ich eine ungefähre Richtlinie habe für die Zwischenzeit, in der ich beginne und ende.

    Die Frage: Was tut die Zeit, wenn sie nicht heilt, empfinde auch ich als poetisch, da sie sich mir im pragmatischen Sinn nicht stellt.
    Sie vergeht, wäre meine kurze und äußerst prosaische Antwort darauf.
    Doch der Poet in mir greift tiefer ab und formuliert frei künstlerisch die Frage um:
    Was tut die Zeit wenn sie heilt?
    Natürlich kommen mir etliche Gedichte in den Sinn, die genau diesen Heilungsprozess beschreiben. Sie erzählen vom Vergessen, wie der Körper eine Wunde schließt mit Narbenhaut. Sie erklären das Verdrängen und das Ablenken, das Sublimieren des Begehrens in einen anderen Aggregatzustand. Sie philosophieren über Romantik und dass es sie ohne das Leid des Sehnens und Wünschens gar nicht gäbe. Auch für Fälle, in denen Zeit nicht heilt, gibt es ausreichend exemplarisch belegtes Schrifttum, das sich in vielen Fortsetzungen mit dem chronischen Leid des Schmerzes befasst.
    Nimmt man das Vergessen, das Verdrängen, die Geduld und das Warten als Unbequemlichkeiten und Einschränkungen des Heilungsprozesses in Kauf und arbeitet mit diesen Mitteln, um Erfolg zu haben, verändert sich die Grundeinstellung von resignativ auf optimistisch, man geht sanft und geduldig mit sich um, egal, ob es gilt eine Wunde zu schließen oder die wund liegende traumatisierte Seele.
    So verstehe ich den Begriff, dass die Zeit heilt, wer sich von ihr heilen lassen will, wer gesund werden will.
    Man überlebt im Leben unzählige Verletzungen, körperliche und seelische.
    Ob es nun sein muss, dass Knochen wieder zusammenwachsen, dass man sich regenerieren und an einer lädierten Stelle pflegen muss oder es aber akzeptieren muss, dass es einen faszinierenden und geliebten Menschen nicht mehr geben wird im Leben, kommt in seiner Quintessenz auf einen ähnlichen Nenner. Schwere Verletzungen brauchen Zeit brauchen entsprechend viel Zeit um zu heilen, da Heilung Regeneration und Erneuerung bedeutet und das Kraft kostet, ob körperlich oder seelisch.
    Was tut die Zeit, wenn sie nicht heilt? Dann bekommt sie einen chronischen und statischen Charakter, sie fühlt sich krank an.
    Manchmal versteinert sie.

    Liebe Grüße,
    Stefanie

    • Liebe Güte, dieser Kommentar hat aber einen Umfang 🙂 Ich bedanke mich zuallererst einmal dafür. Die Zeit, die Zeit. Nicht nur die Naturwissenschaftler, sondern vor allem auch Geisteswissenschaftler, Künstler, Autoren, aber auch Kinder und alle von der Neugierde Getriebenen haben mit der “Zeit” ein nicht auslotbares Thema auf ihrer Agenda. Das Empfinden vergehender Zeit kommt zwangsläufig auf, weil wir nicht in der Lage sind, aufgrund unserer Hirnstruktur und unserer Sinne, Dinge gleichzeitig zu tun oder gleichzeitig zu erfassen. Da haben uns andere Spezies auf unserer Erde einiges voraus. Schön ist auch zu sehen, wie jeder Zeit anders empfindet, sie einordnet, ihr unterschiedliches Gewicht zumisst, sie eher als aktiv oder passiv für Geschehnisse einordnet. Eine Aussage über “Zeit” als das Kant’sche Ding an sich ist letztlich nicht zu machen. Aber gerade das bietet umso mehr einen Interpretationsrahmen oder Freiheitsgrade in den qualitativen Zuschreibungen dessen, was sie für uns ist.

      Liebe Grüße

      Achim

      • Ja, der Kommentar ist zu lang geraten, ich gebe das offen zu.
        Wahrscheinlich aus Faszination am Thema. In der Zukunft kurz und knackig und keine Sätze, die mehr als 15 Wörter haben, ich weiß das ja schließlich auch, hm…😎

        Liebe Grüße,
        Stefanie.

        • Nicht zu lang geraten, nur meinen Erwartungshorizont übersteigend, liebe Stefanie 🙂 Eigentlich hätte ich mir mehr Resonanz auf diesen Beitrag gewünscht, im Sinne von weiterem Austausch über dies interessante Thema. Aber der Text ist vermutlich zu lang geraten, gemessen an dem, was wir Blogger uns gegenseitig an Aufmerksamkeitsdauer zumuten. Insofern freute ich mich über deine Reaktion.

          Sei gegrüßt

          Achim

          • Lieber Achim, ich würde mir auf Deinen Text viel Resonanz wünschen. Er ist lang, ja, doch er ist so faszinierend geschrieben, dass er mühelos über seine Länge trägt. Das Thema selbst ist aktuell, zeitlos wie die Zeit selbst ist, wenn man sie von allen Erklärungen abstrahiert. Die Frage, was die Zeit tut, während sie nicht heilt ist eine äußerst spannende. Sie bewegte mich und mein Bilderverstand ließ mich das Thema nicht wissenschaftlich angehen so wie Du es tust und das Wissen einbettest in die Schönheit bildreicher Sprache. Das könnte ich so gar nicht. Stattdessen schreibe ich eine Geschichte über einen alten Mann ohne Arme und Beine und über Relationen von Schmerz. Die Zeit maskiert ein Gesicht vielleicht in mühsam erarbeiteter Disziplin und lässt es friedlich scheinen, weil es das sein will, doch im Herzen verbleibt der Verlust, der Schmerz und alles das, was man eben sonst noch alles dort ablegte, während die Zeit nicht heilte.

            Ich dachte wirklich, mein Kommentar sei zu lang…
            …jetzt bin ich doch beruhigt.
            Danke. 🙂

            Liebe Grüße zu Dir,
            Stefanie

            • Liebe Stefanie, meine späte Antwort hierauf magst du mir verzeihen. Zeitlos wie die Zeit selbst. Das passt, vermute ich, wirklich zu ihrem Wesen. Wir fragen nur zu viel nach ihr, darum stehen wir mit ihr auch auf dem Kriegsfuß, weil sie, daran sind wir selbst schuld, unsere Vergänglichkeit zeitigt. Was kann sie dafür, dass wir sterblich sind, sie ist es ja auch, wenn das Universum untergeht, oder explodiert oder oder …. Es ist schön, dass es unterschiedliche Bilderwelten gibt, in die man die Auseinandersetzung mit der Zeit kleidet.

              Liebe Grüße

              Achim

      • Lieber Achim,

        oft bin ich sprachlos, ob der Gedanken die Du formulierst und oft komme ich auch zu spät. Es ist dann schon vieles gesagt. Viel besser als ich es jemals könnte. Auch dafür wollte ich Dir danken – und den anderen natürlich auch.
        Ich habe in der Kinderbibliothek ein Vorlese-Bilderbuch entdeckt, das setzt sich auch mit Fragen zum Begriff ‘Zeit’ auseinander.
        Da ich nicht an Zufälle glaube ist das Thema jetzt wohl dran. Schon wieder ein Link. (https://allesmitlinks.wordpress.com/)

        LG, mick

        • Auch ich komme bisweilen zu spät zum Kommentieren, wie du sicher selbst gerade siehst. Das von dir vorgestellte Buch werde ich mir anschauen, ich liebe Kinderbücher, und du auch, wie ich deiner Erwähnung von Janosch, dem kleinen Tiger und dem kleinen Bären entnehme. Daran merke ich, wie die Zeit vergeht, da ich Janoschs Bücher meinem Sohn vorgelesen habe, immer und immer wieder.

          Liebe Grüße an dich

          Achim

          • Lieber Achim!

            Zu Janosch und dem kleinen Tiger, da hab ich auch so meine Erlebnisse. Wir sind uns wohl doch ähnlich. Zumindest befinden wir uns in einer sog. Kohorte.

            Liebe Grüße zurück, mick.

            Ps.: Entschuldige, aber da habe ich Dir einen vollkommen belangsosen Link geschickt. Da war ich tatsächlich im Tran. Hier ist der richtige, jedenfalls der, den ich damals meinte: https://allesmitlinks.wordpress.com/2016/02/17/die-drei-fragen/

  4. Die Zeit, das Antibiotikum gegen den bakteriellen Befall des Liebesentzuges! Welch ein Satz, herrje! Dankeschön!

  5. Die Zeit. Meine ureigene Gefühlsvergehquelle, die keinem Takt gehorcht. Symbolisiert durch die stehengebliebene Uhr an meinem Handgelenk. Ich weiß nicht mehr, warum und wann genau sie stehenblieb, doch fühle ich mich nackt ohne diesem unnützen Zeitmesser. Und ähnlich nackt klang bis dato jedweder Kommentar hier meinerseits. Bis ich mich heute dieser zeitlosen Nacktheit ergab. Meiner ureigenen, doch uhrlosen…

    Lieber Achim, Ihr Text hat mich großzeigerisch umstundet und kleinzeigernd getragen. Es brauchte wohl genau die Zeit, um das Gedankenkarussell einmal mehr zu besuchen. In vielem Vorbeigeflirre fand ich heute meinen pupillischen Ankerpunkt: “Angesichts meiner Vergänglichkeit, so mein Urteil, ist die Beantwortung dieser Frage nicht notwendig, weil sie nicht wichtig ist.” Danke dafür.

    Zurück zur Grundfrage und man zeihe mich bitte nicht der eventuellen Duckmauserei, aber was tut denn die Zeit tatsächlich, wenn sie nicht heilt? Sie fügt Schmerzen zu. So einfach, so schlimm, so natürlich. Könnten wir die Heiler und Verletzer explizit beim Namen nennen, müßten wir nicht die eingesperrte Zeit dessen bezichtigen, was uns im Laufe des Seins so geschieht. Früher war alles besser? Die Zeit lacht sich eingegittert selbst kaputt darob.
    Nun habe ich doch versucht, diese Frage zu beantworten, vor allem wohl mir eigenbetrefflich. Aber wie anders könnte man es sonst tun? Danke für diese Karussellfahrt, ich bin rechtzeitig vom Falbpferd abgesprungen bevor es nachtmahrig werden konnte…

    Ich grüße Sie zugeneigt und nun wirklich dreieinig.Kopfklar, herzlebendig und bauchwärts sicher.
    Ihre Käthe, zeitnichtverschwendendfühlend.

    • Liebste Werteste, seien Sie bitte nicht erbost ob meiner verspäteten Antwort. Früher war es nie besser, nur weil das Frühere inzwischen durch das tagesaktuellen Raster sich verkrümelt. Dann hat es dann diese Aura des Besseren, weil an das Schlechteste auch dieser Zeiten erinnert man sich nur schwer. Sie haben da vollkommen Recht. Und “Gefühlsvergehquelle” sollte man für das schöne Wort des Jahres vorschlagen.

      Ihnen, wie stets, enorm und parteiisch zugeneigt. Das sage ich in all dem schwindelmachenden Wortzauber, den sie auch in diesem Kommentar zu entfachen vermochten.

      Ihr A.S.

      • Um mich zu erbosen braucht es mehr als ein klein wenig Zeitverflugsgeschwindigkeit, mein Lieber. Und selbst erbost könnte ich durchaus noch Zuneigung empfinden, es ist ja nur ein weiteres Gefühl auf der Empfindungsskala, was es mit mir macht, entscheide ich ganz allein.

        Ich grüße Sie ebenso stetig zugeneigt und danke für die Schönwortvorschlagerey und den Schwindelzauber. Fetzt!
        Ihre Käthe Knobloch.

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