Isn`t love any fun?

Nick Cave. Für mich gab es weiland noch einen anderen Nick. Ernest Hemingways Alter Ego Nick Adams aus dem Kurzgeschichtenband “In unserer Zeit” und anderen hemingwayschen rororo Taschenbüchern der späten 60er Jahre. Ich las Hemingway, weil ich jung und dumm war und ich mir mit den Augen dieser Dummheit das Versprechen gab, dass die Literatur ab sofort das Leben zu ersetzen hätte.  Und ich meinte damit das ganze Leben, mein ganzes, junges Leben. Die Hemingway Lektüre war insofern ein Initiationsritus in diese Art von Gedankenplörre. Von wegen Dutschke und Cohn-Bendit. Vom Muff unter den Talaren war ich unbeleckt. Von der aufrüherischen Spintisiererei und dem Barrikadentestosteron so weit entfernt wie es meine Schlafzimmerlesestube zum elterlichen Buchclubabonnement war. Diese Entfernung auf engstem Raum war mir Revolution  genug.

In einer der Kurzgeschichten mit Nick Adams stieß ich auf den schrecklichsten und konsequentesten Abgesang auf eine Liebe. Die Liebe zwischen Nick und Marjorie. Der Ausklang dieser Liebe klemmte mir beizeiten den Herzenswunsch ab, es doch selbst einmal gewinnbringend zu beginnen, dieses pubertäre Spiel von Hingabe, Treueversprechen und zeitlosem Sentiment im Spiegelglanz der Angebeteten. Mit minimalistischer dialogischer Raffinesse wird “Das Ende von etwas” (so auch der Titel dieser Kurzgeschichte) bis zur bitteren Neige durchdekliniert, derart, dass es auch die letzte Träne auf sprichwörtliches Eis legte. Eine erzählerische Lust und Pracht, trotz alledem. Später verlegte ich mich auf Dostojewski und Turgenjew. Weiter gebracht hat mich diese Lektüre in Liebesdingen nicht. Es handelte sich in diesen meinen jungen Zeiten wohl um eine Gemengelage aus ausufernd apolitischen und streng moralischen Ansprüchen, hochgehalten noch während der Abstiege ins Totenhaus. Brüder, Idioten, Schuldige und Sühnende, Spieler. All das, aber keine Liebe mehr. Oder Liebende. No.

Nick looked on at the moon, coming up over the hills.

“It isn’t fun any more.”

He was afraid to look at Marjorie. Then he looked at her. She sat there with her back toward him. He looked at her back. “It isn’t fun any more. Not any of it.”

She didn’t say anything. He went on. “I feel as though everything was gone to hell inside of me. I don’t know, Marge. I don’t know what to say.”

He looked on at her back.

“Isn’t love any fun?” Marjorie said.

“No,” Nick said. Marjorie stood up. Nick sat there, his head in his hands.

“I’m going to take the boat,” Marjorie called to him. “You can walk back around the point.”

“All right,” Nick said. “I’ll push the boat off for you.”

“You don’t need to,” she said. She was afloat in the boat on the water with the moonlight on it. Nick went back and lay down with his face in the blanket by the fire. He could hear Marjorie rowing on the water.

Aus: Ernest Hemingway: The End of something

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

Articles: 604

11 Comments

  1. wäre die Liebe ein einfaches Spiel, wären dann je so viele Bücher geschrieben worden oder Filme gedreht, Songs vertont?
    Alle Freuden und alle Leiden ganz (ich glaube es war Herr Goethe, der dies sagte, sicher bin ich nicht), ja, das scheint ein Teil der Wahrheit um die Liebe zu sein … es gab Momente, da dachte ich, dass ich für mich das Rätsel gelöst hätte, nun … es waren Momente-

    mir hat gefallen, wie du deine jungen Jahre beschrieben hast, ein Schmunzeln breitete sich aus, danke auch dafür, lieber Achim

    hab einen feinen Tag, herzlich grüsse ich dich vom frühlingshaften Berg
    Ulli

    • Liebesrätsel treiben uns an. Vielleicht sind dies die letzten Rätsel, die das tun können. Jugend ist immer zum Schmunzeln, wenn man sie auf ein paar konzise Sätze bringen will. Der ironische Abstand muss sein, auch wenn es mir damals so ernst erschien.

      Liebe Grüße

      Achim

  2. Nick Cave und Hemingway:
    Eine schicksalsträchtige Konstellation, holla die Waldfee.
    Eine Szene:
    Nick Cave gibt Ernest Hemingway ein musikalisches Stelldichein mit dem Ship Song.
    Der passt zum weiten Meer.

    Toller Text.
    Hab’ auch schmunzeln müssen. 🙂

    Liebe Grüße
    von der Karfunkelfee

    • So schicksalsträchtig ist es gar nicht. Nick Cave kam erst viel später in den Dunstkreis, während sich Hemingway daraus schon lange verabschiedet hat.

      Liebe Grüße

      Achim

  3. Nick Cave. Hat mein Erlebnis von Liebe auf eine ganz besondere Weise geprägt, sowohl mit seiner Musik als auch mit seinen abgefahrenen Texten. Ist in mir drin. Schwarz und tief. Im Zusammenhang mit Hemingway kommt eher Leichtigkeit auf…

Hinterlasse mir gerne einen Kommentar

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.

Translate »

Discover more from A Readmill of my mind

Subscribe now to keep reading and get access to the full archive.

Continue reading