No idea when I started drinking


Alles Grandiose gerät zu Kitsch, wenn Tausende davor stehen und es betrachten, als wäre es das Goldene Kalb. Der Wunsch nach Unsichtbarkeit unter Tausenden gerät zur geschmäcklerischen Arroganz. Kunst zu genießen heißt, sie in die Taschen meiner Weste zu packen und zu verschwinden, mit dem Wind, über den einen Torbogen in Cambridge hinweg, über dem man die personifizierte Alma Mater dieser Stadt sehen kann. Canta Brigia, das Steinrelief einer barbusigen Frau mit sprudelnder Muttermilch; sie trägt eine Sonne, eine Burg und einen Becher, dazu das Motto “Hinc Lucem et Pocula Sacra”  – die emblematische Ermahnung an die Studenten, hier von den Quellen des Lichts, der Weisheit und des Wissens zu trinken. Die schönsten Offenbarungen sind immer jene der Zuspätgekommenen. No idea when I started drinking.

Alma Mater, Canta Brigia

Alma Mater, Canta Brigia

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6 Kommentare

  1. “Die schönsten Offenbarungen sind immer jene der Zuspätgekommenen.” Diesen Satz mag ich besonders!

  2. Der Kitsch liegt also nur im Auge des (zehnmillionsten) Betrachters?

  3. Der Kitsch liegt also nur im Auge des (zehnmillionsten) Betrachters?

  4. Guten Tag, lieber Achim,
    es gibt eine feine Definition von Kitsch, die ursprünglich von Mukarovsky stammt (Prager Strukturalismus):
    Kitsch ist die Erfüllung des Erwartungshorizonts des Rezipienten, wohingegen eine mittlere Abweichung von jenem Erwartungshorizont als Kunst angesehen werden kann. Klug, nicht?!
    Umberto Eco hat dann der modernen Kitsch-Diskussion wichtige Impulse gegeben mit seinen Aufsätzen “Die Struktur des schlechten Geschmacks” und “Serialität im Universum der Kunst und der Massenmedien”, “Die Modi der kulturellen Moden” ist in diesem Zusammenhang auch interessant.
    Ich glaube, es ist nicht die Anzahl, sondern die Einstellung der Rezipienten, die etwas zum Kitsch werden lässt. Oh dear, da beginnt es doch zu regnen und ich habe die Wäsche draußen aufgehangen. Ich mach’s also kurz: Zu Kunst und Kitsch wäre noch viel zu schreiben, z.B. Andy Warhols Rezeptionstheorie, die er mit seiner Campbell-Dose klar machte.
    Toller Text zum Bild – völlig unkitschig 😉
    Ganz liebe Grüße aus dem jetzt herbstlichen Cley
    Klausbernd

  5. Schön… “sie in die Taschen meiner Weste zu packen und zu verschwinden, mit dem Wind”… ich mag diesen Satz besonders…

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