IS – Islamischer Staat

Aufgewacht, heute Morgen, im Traum gebadet wie in Ratatouille ersoffen. Wir sind die, die wir beschützen und die, die wir bekämpfen. Das ist der Nachklang jener Nacht. Nur, gleiches sagen jene auch von sich selbst und sehen in uns das absolute Böse, das es in Blut zu ertränken gilt. Man könnte mit Slavoy Zizek sagen,  dass der Westen gut daran täte,  die Ursachen für den Wahnsinn, der sich im Zweistromland abspielt, nicht zu überfrachten mit erkenntnistheoretischem oder psychologischem Gelabere als die Vehikel einer Ursachenforschung. Dieses Schlachten ist kein Stoff, sich darüber epistemologisch auszutoben, weil es die ontologische Komponente dieser Raserei unterschlägt und unsere westlichen Vernunftbegriffe, säkular unterfüttert oder durch joviale christliche Tugendlehre unterminiert, vor den Köpfen dieser Geißel notgedrungen zum Halten kommen müssen.

Die Barbarei entzieht sich unseren erklärenden sprachlichen Mitteln, während hingegen jene auf der bildsprachlichen Klaviatur des Zynismus spielen, bis es jeder hier versteht. Und natürlich ist der Zynismus selbstidentisch mit dem kalkulierten Wahnsinn, den sie in ihren Köpfen entfachen. Bloß, der Begriff  Wahnsinn ist lediglich eine westliche Kategorie des Verständnisses eines Unverständlichen. Für jene ist er der realitere Ausdruck der Nähe zum Göttlichen, die sie im Furor eines Alleinstellungsmerkmals für sich reklamieren. Das Antigöttliche ist der diesseitige Feind, mithin der Mensch. Ihre “Entmenschlichung”  ist insofern in ihren Augen überlebensnotwendig und die Antwort auf die Frage ihres Auserkorenseins, da sie sich ansonsten selbst zum Kreuzgang führen müssten. Was wir als Aberwitz und Wahnsinn begreifen, ist für die Schlächter nichts weiter als der psychedelische Aufbruch über die letzte Hürde einer Angst und die Selbstfindung in der puren Selbstverständlichkeit eines rechtgetanen Grauens. Es ist das Aufgehen der Egomanie in der egomanischen Masse. Wir schauen in das Herz der Finsternis und sehen sein diabolisches Grinsen, das aus den Inszenierungen seiner Unberührbarkeit und Unerschütterlichkeit zu uns hinüberbleckt.

Es ist dies die Spiritualisierung des Politischen, so würde es Foucault wohl formulieren. Oder die Ästhetisierung des Bösen, so würden es vielleicht verquere Künstler nennen. Wobei die IS Schergen an dieser Zuschreibung durchaus perversen Gefallen finden. Aus dem Buch “Die Ästhetik des Bösen” des Literaturwissenschaftlers Peter-André Alt stammt folgendes Zitat: “Die Dynamik des Überwältigenden, die Vorstellung einer dunklen Bedrohung und nicht beherrschbaren Gegenmacht, den Effekt der Ordnungsstörung und das dramaturgische Muster des Kampfs, das eine Konfrontation der Leidenschaften mit den Abwehrkräften der Ratio abbildet.” Der Westen diskutiert, mehr oder minder vernünftig, mehr oder minder leidenschaftlich, ob man dem IS-Mentekel mit massiver Waffengewalt beizukommen habe. Ob mit der demokratisiert-gestimmten Ratio dem ontologischen Bösen beizukommen ist, das zu prüfen überlässt man im Augenblick den Kurden. Wobei ich persönlich nicht zu entscheiden weiß, ob nicht doch irrationale Wut den Blick ins dunkle Herz erhellen kann. Und die “Erhellung” dann nichts weiter ist als das zynische Gewand, in dem die Ausmerzung daherkommt.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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3 Comments

  1. Gegner können die Angst riechen, ergötzen sich am Schweissgeruch der Bedrohten. Es passiert etwas und das fühlt sich nicht gut an!

    danke lieber Achim, du sprichst mir aus der Seele, nur um einiges wortgewandter!
    herzlichst Ulli

      • heute las ich eine Überschrift von einem Journalisten mit dem Dalai Lama: Die Hoffnung nicht aufgeben und sich auf das Schlimmste vorbereiten – das ganze Interview habe ich noch nicht gelesen, aber ich finde, dass diese Zeile, so paradox, wie sie zunächst einmal tönt, den Nagel auf den Kopf trifft, was wäre denn dieses Leben ohne die Hoffnung und den damit verbundenen Taten, plus den offenen Sinnen für das, was dann wirklich passiert …

        ich versuche das Leiden der Welt nicht so nah an mich heran zu lassen, dass es mir die Freude am Leben, die ich dennoch empfinden kann, nimmt … es ist eine Übung, eine ÜBUNG, eine Übung …

        liebe Grüsse Ulli

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