Soziale Kompetenz

Immer mehr spüre ich, dass es nicht mehr allzuweit her ist mit meiner sozialen Kompetenz. Von erfrischenden Momenten höchster Anspannung und Anregung in und durch Gespräche, gewürzt mit einigen Bonmots, Schlüpfrigkeiten der kultivierteren Kategorie, Geistesblitzen, die schnell verpuffen, triumphierenden intellektuellen Ergüssen, die sich schnell wieder abseifen lassen, geht es jetzt merklich den schmalen Pfad hinunter zum Basislager der Stereotypen, der Schlechtlaunigkeit, hinunter zum Tidenhub wiederkehrenden Grummelns, Miesepetrigkeit und Genervtheit.
Insofern also die gewohnte tickende Uhr sozialer Inkompetenz, die kleinen täglichen Fluchten, der gesicherte Hort der Selbstbezüglichkeiten, Marathonlektüre, Welt versinkt umher, Starre der Genügsamkeit, Katatonie.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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15 Comments

  1. Das wahrzunehmen ermöglicht doch, den Pfad wieder hinauf zu gehen und die Uhr anders ticken zu lassen, die Marathonlektüre und das Versinken würde ich allerdings mitnehmen …

    • Den Berg immer wieder hinauf, das gleicht einer Sisyphos Arbeit. Und bergauf lesen und versinken stelle ich mir auch recht schweißtreibend vor.
      Aber du hast ja recht. Fünfe grade sein lasen.

      Liebe Grüße

      Achim

  2. Dieser Text ist wahrscheinlich so ehrlich, weil er von jedermann hätte verfasst werden können. Mythos und wahre Identität fallen oftmals auseinander, daher sind derlei Selbstreflexionen unheimlich fruchtbar, um einen Wandel zu bewirken.

  3. Mal übellaunig sein, muss drin sein. Es liegt auch eine gewisse Entspannung darin, finde ich, auch wenn es sich erstmal nicht so anfühlt. Aber es kann ein Übergang sein, ein Loslassen, bis man wieder soweit ist, sich ganz einzulassen auf “das andere”. Gute Erholung Dir. Und liebe Grüße von der Beobachterin

    • Eine kleine missglückte gute Laune, dagegen ist nichts einzuwenden. Ich muss jedoch achtsam sein auf die Folgen, die stetes Grummeln und Bärbeißen als Bugwelle im sozialen Betrieb hinter sich erzeugen. Wenn es zu deuten wäre als Wende hin zu Übergang und Erholung, dann stehen mir ziemlich entspannte und humorvolle, sozialverträgliche Wochen bevor 🙂

      Liebe Grüße

  4. Lieber Achim,
    wie auch dieser Text sind die meisten deiner Posts doch eine feine Koketterie mit sozialer Inkompetenz. Die ist doch dein Markenzeichen, das bis in die kleinste deiner Wendungen vorgedrungen ist. Ich frage jetzt mal böse im Gurdjieff-Stil, jedoch nicht böse gemeint: Wer bist du denn, wenn du die aufgeben würdest? Wie wäre es, den gefälligen Plauderer zu spielen?
    Well, wir haben doch alle unsere Macken, ich fühle mich getrieben, mich als Intellektueller zu präsentieren und du dich als sozial Inkompetenter. Diese Macken machen, so nervig sie auch für andere sein mögen, unsere Identität aus. Wilhelm Reichs Begriff “Charakterpanzer” passt hier gut.
    Also, schön mit der hehren Kunst der edlen Kopfhängerei weiter seine soziale Inkompetenz wirksam betrauern und mit dieser Attitude andere zur Reaktion herausfordern. Why not?
    Liebe Grüße von der Küste Norfolks
    Klausbernd 🙂

    • Lieber Klausbernd,

      da solltest du meine Kollegen mal interviewen, die halten das wahrlich nicht für eine Attitüde oder Koketterie. Ich will damit nicht von mir weisen, das meine Posts zumindest spleenig sind in Sachen Schreibstil und einer gewissen Schrulligkeit zumindest nicht abhold. Aber das Beschriebene in obigem Post fußt tatsächlich auf der Erfahrung, dass mit vorrückendem Alter die ersten Schritte hin zum Altersstarrsinn ausgiebigen sozialen Kontakt ziemlich erschweren. Das macht mich, und da hast du recht, nicht zu einem gefälligen Plauderer. Die Vorgabe, etwas zu sein, was man nicht ist, mag auf den ersten Blick ein Interesse erzeugen. Aber es schafft mitnichten Identität. Sofern man Identität versteht als Eigentümlichkeit, die einen von allen anderen unterscheidet.

      Liebe grüße an die fab four nach Cley

      Achim

      • Guten Morgen, lieber Achim,
        puh, nach feinstem Sommerwetter ist es plötzlich grau und es nieselt still vor sich hin.
        Es ist doch keine Notwendigkeit, nicht schicksalsbedingt, dass man im Alter starr wird. Man kann auch die kindliche Leichtigkeit des Spiels im Alter wieder entdecken. Mich erinnert diese Schwäche der sozialen Kompetenz eher an meine Jugend, an jene Zeiten, in denen man Hermann Hesses “Steppenwolf” und Kafka las.
        Anyway, so lange du dich mit dieser Haltung wohl fühlst, ist ja alles okay.
        Liebe Grüße vom kleinen Dorf a, großen Meer
        the Fab Four of Cley
        Klausbernd 🙂

  5. Mein lieber Herr Spengler, wenn Ihre gefühlte soziale Inkompetenz bedeutet, daß Sie uns, Ihren geneigten ebenfalls totalsten sozialkontaktverweigernden Lesern, denn sonst würden wir ja nicht bloggen, sondern hätten ein Realleben, solche Fabulösmiesepetrigkeiten schenken, dürfen Sie gern im Tidenhub wiederkehrenden Grummelns sich suhlen. Jeder hat sein Recht auf Vergrimmung! Jawohl. Grummelnde Grüße, Ihre Frau Knobloch.

    • Werteste, und wieder einmal schulde ich Ihnen Dank für mein Wort des Jahres: “Vergrimmung”. Wir sollten es öfters im Munde führen, vielleicht hat es ja wirklich eine Chance im Wettbewerb der Wörter, jedes Jahr 🙂

      Herzliche Grüße und herzlichen Wink mit dem Zaunpfahl, auf weitere Grimmigkeiten, jedoch verstanden als identitätsstiftender Akt und nicht als gefakte Miesepetrigkeit

      Stets der Ihre

      Achim

      • Mein hochgeschätzter Herr Spengler,
        nie könnte ich meine Vergrimmungen fälschlicherweise kokett vorspielen und selbiges traue ich auch Ihnen nicht zu. Ich sehe es tatsächlich als Identifikationsindikator, genau wie spielerische Flatterleichtigkeit oder das Hinwegsetzen über mancherley Festmeißeligkeiten der Silbenaneinanderreiherey. Hin zur liebevoll gepflegten Schrulligkeit, die ich mit zunehmenden Alter hoffe, innigst auszuleben. Eines meiner Lieblingszitate eines bonfortionösen Vorbildes: “Jeder sollte Schrullen haben. Schrullen sind ein hervorragender Schutz gegen Vermassung.” Salvador Dalí.
        So verbleibe ich salvadorisch zugetan, Ihre Frau Knobloch.

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