Es grollt und dräut

z0001_gewitterDer Blick zum Himmel ist der Eintritt ins Theater des Wetters. Der Orchestergraben stimmt sich ein. Der Vorhang wird gehoben. Wetterleuchten macht sich auf. Der Himmel ist übervoll und überfließt. Die Nähe zur Nässe erinnert an das Platzen einer Fruchtblase. Das romantische Bild einer Autopoiesis. Frei nach Richard Rorty: Die unverbrüchliche Einzigartigkeit des Wetters besteht in seinem poetischen Vermögen, einzigartige und dunkle Dinge zu sagen, nicht in seinem Vermögen, gewisse Trivialitäten nur zu sich selbst zu sagen.

Die Wetterlage handelt nicht nach den Vorgaben rationaler Erwartungen. Sie ist das System, das sich selbst reguliert, in endloser Selbstreferenz sich wandelt nach Maßgabe ihrer immanenten Launen. Es korrigiert sich selbst. Es ist das Unternehmen, das sich selbst in Zweifel zieht und jede der Behauptungen, wie es sich denn entwickeln mag. Wir wissen nichts über den Schlag des Flügels eines Schmetterling, wir wissen nichts über den Taifun, der sich daraus chaotisch austobt. Das Wetter ist die Praxis, deren Beobachtung keinen Aufschluss gibt über ein irgend geartetes festes Fundament, oder besser, über eine Wahrheit, die immun ist gegen ihre Revision.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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12 Comments

  1. Das Wetter ist doch eine göttliche Metapher! Deine Zeilen beweisen es mir einmal mehr. Ich bin sehr angetan. Auch von dem tollen Foto..:-) – Wenn es hier doch auch nur ein bisschen grollen und dräuen würde. Grüße aus dem Südosten des Brutkastens und noch einen schönen Sonntag Dir.

    • Das Bild ist nicht von mir, leider. Ich mussmir da mal Gedanken machen, wie ich das kenntlich machen kann. Normalerweise sind es meine eigenen Bilder, doch ich gestehe, dass ich mich bisweilen einfach nur bediene. Ich warte quasi auf die erste Abmahnung. 🙂
      Das Wetter hat schon etwas göttliches, wenn es um seine Wirkmächtigkeit geht. Inzwischen sieht es jedoch wohl so aus, als wären wir immer mehr ursächlich an seinen extremen Ausgestaltungen beteiligt.

      Liebe Grüße aus Freiburg

      Achim

  2. Tolles Foto zu tollem Text, beides gefällt mir mal wieder bestens, wie fast alles auf deinem Blog. Hier gab`s am Freitag große Gewitter, ohne jedoch eine Abkühlung zu bringen. Aber immerhin jubelten Gärten und Gärtner.
    Ganz liebe Grüße von der Küste mit pipiwarmen Meer inzwischen, selbst gehe im Meer schwimmen (das will etwas heißen!),
    Klausbernd

    • Leider besitze ich kein adäquates Bild zu diesen Gedanken. Ich habe tatsächlich einen Höllenrespekt vor Gewittern und man muss ja schon nahe ran, um es einzufangen. Deshlab habe ich mich fremdbedient und werde das Bild kenntlich machen müssen als “geborgt”.

      Liebe Grüße aus Freiburg, 30 Grad sind angekündigt für die nächsten Tage *schwitz

      Achim

  3. Das ist ein gutes Bild zu einem sehr schönen Text.
    Ganz liebe Grüße auch von mir.
    mick

    • Vielen, lieben Danl, liebe Peggy and welcome back aus Mecklenburg. Gutes Wiedereinleben und an dieser Stelle nochmals Dank für deinen schönen Bericht von eurem Segeltörn.

      Achim

  4. Deine prosischen Texte sind ein Highlight in der Bloggerszene, Achim. Die eignen sich nicht zum schnell überfliegen. Schade, dass wir dich nicht hören können, ich hätte es von dir gerne vorgelesen bekommen.
    Dina

    • Liebe Dina,

      da ist mir dein Kommentar durch die Lappen geflitscht. Vielen Dank, verspätet, für die netten Worte.

      Liebe Grüße aus Freiburg

      Achim

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