Sanierungskonzepte und Autoerotik

Träume von der Deutsche(n) Bahn gehörten bislang nicht zu meinem Inventar des Träumens.  Die Träume meiner Jugend, der Adoleszenz und auch des reiferen Alters  folgten bisher in der Hauptsache der mütterlichen Diktion des ” Was raus muss, muss raus.”  Wie unschwer nachvollziehbar ist, hat meine Mutter damit der Notwendigkeit des feuchten Traums und der Exekution autoerotischer Akte ein schönes Wort geredet.  Jedoch, das Ende der Endloschleife munterer und triebseliger Träume ereilte mich just letzte Nacht. Und ich befürchte, dass dieses Ende so dauerhaft sein wird wie das Ausbleiben des Eisprungs in der Menopause.
Besagter Traum also katapultierte mich in eine Vorstandssitzung der Deutsche Bahn. Und um es kurz zu machen: In dieser ging es um Vorschläge wirtschaftlicher Sanierungskonzepte, welche das halbstaatliche und halbmarode Unternehmen auf finanziell gesunde Beine stellen sollten. Als Haupt und einziges Glied meiner Unternehmungsberatungsgesellschaft mit unbeschränkter Haftung wurde ich von Rüdiger Grube höchstselbst um eine Expertise gebeten. Das Konzept, das ich daraufhin vorschlug, genügte den Sanierungskriterien Einfachheit, Machbarkeit und Nachhaltigkeit auf das Bestechendste. Die Bahn möge bitteschön den eingeschlagenen Weg der wie Luft entweichenden Dienstleistungsqualität weiter verfolgen. Schließlich sei das ihre einzige Stärke.  Und sie solle dafür Prämie kassieren. Abwrackprämie für verschrottete Servicequalität, um genau zu sein. Zahlbar durch die täglich in die  hundertausende gehende Anzahl der Opfer diverser “Störungen im Betriebsablauf”. So genial, so einfach, so gut. Dass ich jäh, schweißgebadet, aus dem Traum erwachte, erkläre ich mir am Tag danach mit dem Willen zur Flucht vor Grubes heiterem Händedruck, den ich irgendwie mit einem feuchten Furz assozierte. So bleibt am Ende dieser traumatischen Nacht nur noch die Frage offen, welche Rolle ich denn zukünftig zu spielen gewillt bin: Die des Sanierers, oder die des Opfers autoerotischer Lockrufe.

Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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6 Comments

  1. Ich denke, die Assoziation am Schluß hat die Fragestellung schon beantwortet.
    Liebe Grüße,
    mick.

  2. Lieber Achim,
    schon allein dein Titel ist genial und machte mich sogleich neugierig. Ja, und welche Wahrheiten sich hinter Träumen verbergen …
    Liebe Grüße aus Nord Norfolk
    Klausbernd

    • Lieber Klausbernd,
      ich wundere mich immer wieder über den Phantasiereichtum der Träume. Eine solche abgefahrene Story hätte ich im wachen Zustand nie zimmern können. Es müsste etwas geben, was wie ein Recorder in der Lage wäre Träume in situ mitzuschneiden. Eine laienhafte Frage hätte ich dann noch an dich, den Traumspezialisten: Ist die bewußte Nacherzählung eines Traumes, direkt nach dem Erwachen, überhaupt noch in der Lage, den Traum authentisch wiederzugeben? Das würde mich arg interessieren.

      Liebe Grüße nach Cley

      Achim

  3. Lieber Achim,
    der eigentliche Traum besteht höchstwahrscheinlich aus semantisch nicht gefüllten Impulsen. Bei der Erinnerung geschieht das, was Sigmund Freud “Traumarbeit” nannte. Das heißt der Traum wird semantisch gefüllt, er wird in eine symbolische Bildersprache umgesetzt. Nun können wir den Menschen als sinnproduzierende Maschine ansehen, d.h. alle Impulse versuchen wir mit Sinn zu füllen, da uns das das Gefühl vermittelt, Kontrolle zu haben. Ein Chaos, verstanden als Nicht-Sinnhaftes, macht Angst. Die Umsetzung des Traums in eine Bilderwelt ist also eine Taktik der Angstabwehr.
    Dass wir die erinnerten Träume betrachten, ist deswegen aussagekräftig, da es uns die Muster unserer Sinnproduktion und damit unsere Wahrnehmung zeigt. Diese Muster sind typisch für jeden Menschen.
    Ein Traum, wie du ihn schilderst, ist ja relativ nahe der Wirklichkeit angesiedelt. Es wäre aber naiv zu glauben, dass diese Wirklichkeit gemeint ist. Die Sprache des Traums ist jene der Symbolik und ein Symbol verweist stets eine Tiefenstruktur. Sieh es so: Der Traum bildet eine Collage aus Bekanntem, um dir Unbekanntes (über dich) zu zeigen.
    Wie der eigentliche Traum aussieht, ist nicht von Interesse. Er entsteht unter anderem durch rhythnische Entladungen der Gliazellen, die eine Art Hologramm im Cortex bilden. Aber interessant ist, wie diese Hologramme vom Bewusstsein – der Erinnerung – eingelesen werden.
    Alles klar? 😉
    Ganz liebe Grüße dir
    Klausbernd

    • Lieber Klausbernd,

      höchst interessant, was du da schilderst. Ich hatte schon immer eine leichte Ahnung davon, dass die eigentliche Relevanz des Träumens nicht im Traum selbst, sondern in der Traumarbeit liegt.

      Liebe Grüße aus dem sommerlich heißen freiburg

      Achim

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