Lake District Impressions – Windermere

Wo liegt das Land, zu dem dies Schiff soll fahren? Frisch auf, gleichwie die Lerche himmelan bei Tagesanbruch steigt, pflügt es im Festgewand voran: Gilt es der Tropen-Sonne, oder der polaren? Was nützt die Frage ? – Weder Freund noch Feind schert es – so laß getrost es fahren, wo es mag – es findt vertraute Namen, vorgepflügte Bahn ja überall vor sich, und einen frischen Wind. Dennoch frag ich: In welchem Hafen legt es an? Und fast, wie ‘s war, als Schiffe eher rar (von Zeit zu Zeit, wie Pilger, hie und da das Wasser kreuzend), ist etwas Dunkles, ein gewisser Argwohn, eine Ehrfurcht vor dem Alten Meer, mit mir bei deinem Lebewohl, vergnügte Bark! “ ( William Wordsworth: “Where lies the Land”, übersetzt von Wolfgang Schlüter )

Lake District Map
Lake District Map

Dem typisch englischen Wetter, so eingeschrieben in das Land wie ein Epitaph, entkam ich in den letzten Jahren. Ein Freigänger aus metereologischen Verließen.  In diesem Mai war alles anders. Da stand ich nun in Windermere, und das Frösteln überkam mich wie ein treuliches Versprechen auf heftige Gänsehäute. So weit im Norden Englands war ich bislang nie.  Die Dächer Englands, endlich, nach all den Stippvisiten südlicherer Fundamente. Noch hatte ich Hoffnung auf wärmere Tage. Am Ende stellte sich heraus, dass mir davon nur zwei gegönnt waren.  Seitdem ist die Wetterfestigkeit eine erhebliche Randnotiz meines kurzen Lebens. “Was immer du tust, tue es gut und bedenke das Ende.” Auch wenn das Ende Nässe auf der Haut bedeutet.

Noch vor der Mitte des 19. Jahrhunderts bestand die Gegend um das heutige Windermere aus nicht mehr als einer Ansammlung von Cottages und baufälligen Nebengebäuden. Sie bildeten das winzige Landwirtschaftsdörfchen namens Birthwaite. Ein Dörfchen, welches dem Vergessen anheim gefallen wäre, wenn nicht im Jahre 1840 die Entscheidung gefällt worden wäre, die Küsteneisenbahnstrecke in Richtung Windermere zu verlängern, um die District Lakes den Touristenströmen zugänglich zu machen, die aus den schnell  wachsenden  nördlichen Industriestädten stammten. Der Plan stieß auf vehementen Widerstand der Eingeborenen und der lokalen Prominenz. Zu dieser gehörte William Wordsworth, der eine ganze Reihe von schneidenden Artikeln an Zeitungsherausgeber, an das Handelsministerium und das Unterhaus schrieb. Seine Antihaltung gipfelte in einem Anti-Railway Sonnett, das er 1844 in der “Morning Post”  veröffentlichte.

Thomas de Quincey
Thomas de Quincey

 Trotz dieser Opposition erhielt das Projekt 1845 den   königlichen Segen. Ursprünglich sollten die Eisenbahngleise bis an die Ufer des Lake Windermere geführt werden. Technischen Problemen und überbordenden Kosten ist es geschuldet, dass die Bahnlinie in der Nähe von Birthwaite endete, an einem Bahnhof namens Windermere. Der Bahnhofsname sollte die Nähe zum Lake Windermere bekräftigen. Das Projekt wurde zweimal so rasch als ursprünglich geplant beendet und die Dörfer Birthwaite und Bowness gingen langsam im Konglomerat von Häusern und Villen unter, die zum Zwecke der Beherbergung touristischer Massen aus dem Boden schossen. Im ersten Jahr ihres Bestehens kamen 120.000 Touristen mit der Eisenbahn nach Windermere Station. William Wordsworth hielt an seinem Widerstand bis zu seinem Tod im Jahre 1850 fest. Er befürchtete den Niedergang der schützenswerten Unberührtheit seines geliebten Districts, den er, den Vermutungen Thomas de Quincey’s nach, in  175.000 bis  180.000 Meilen Wanderungen für sich erschloss, und dem wir tausende der schönsten Verszeilen verdanken.

" Ist denn kein Winkel Englands, sei er noch so klein,
geschützt vor jähem Zugriff? Alterspensionen, die gesät
in jungen Jahren, und in geschäftger Welt gehalten rein,
solln nun, als werde ihre erste Hoffnungsblüte abgeweht,
vergehn: - Wie können sie den Pesthahauch überstehn?
Und muß auch der des rücksichtslosen Wandels klagen,
der falscher utilitaristischer Verlockung schnaubt,
die bis zum Überdruß auf seines Vaters Feld getragen?
Spotte der Drohung, schöne Szene!, die vom Orrest-Haupt
dem hingerissnen Blick des Wanderers, der innehält, gegeben:
Plädier' für deinen Frieden, herrlich gedichtestes Gebilde 
NATUR - und sollen Menschenherzen nimmer schlagen,
dann sprecht, ihr ! Winde - Gießbäche, ihr wilde:
Verkündet Widerspruch gegen das falsche Leben !

(William Wordsworth:"On the projected Kendal and Windermere Railway";
 übersetzt von Wolfgang Schlüter)

All pictures © Achim Spengler

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Lake District Windermere Town
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Achim Spengler
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Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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4 Comments

  1. Vorbildlich, vorbildlich, lieber Achim, auch der Übersetzer wird erwähnt… 🙂

    Ai ai, das Wetter war wirklich nicht vom Feinsten! Ich freue mich immer über einen Himmel der dramatisch und dunkel ist; diese Aufnahmen sind spannend und passen perfekt zu deinem eleganten Text. Wie immer sehr schön geschrieben! Den werde ich nachher nochmals in Ruhe lesen, zuerst muss ich den Koffer packen, morgen geht es zurück nach D.
    herzliche Grüße aus Norwegen
    Dina

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