Cambridge – Jamie Oliver

Michel Foucault hat einmal gesagt, dass der Mensch seine Welt unausgesetzt interpretiert. Da saß ich also. In der Bar, die ich durch eine Seitenstraße betrat. Meine Kenntnisse über Bars sind durch Filme gefüttert oder aus der Erinnerung an meine Studentenzeit, also eher marginal und nicht der Rede wert.
So denke ich noch heute mit Schaudern daran zurück, als ich in Mainz 1980 in einer schummerigen Kaschemme zur vorgerückten Stunde (es war 04.00 Uhr) den Mut fasste, meinem Augenkontaktflirt endlich meine Aufwartung zu machen. Ich umschritt den in der Mitte des Raumes hingeklotzten Tresen, um auf der anderen Seite festzustellen, dass die Interpretation meiner Welt von vollkommener Blindheit geschlagen war: Die über eine Entfernung von 3 m Luftlinie und über Stunden hinweg angehimmelte Lady of the Night entpuppte sich bei näherer Betrachtung als Exponentin einer Frauengeneration, der ich als machistisches Jungspundarschloch jedes Recht auf erotische Ausstrahlung absprach. Mein Herz hing in den Socken und ich verließ das Etablissement. Diese Episode ist der Erwähnung wert, weil sie der Grund war, dass ich in späteren Jahren Bars wie die von Jamie Oliver flächendeckend mied.

Jetzt saß ich hier in dieser Jamie Oliver Bar, überlebensgroß. Bis mir auffiel, dass eine Bar üblicherweise kein Essen an den Tisch liefert und es nur der Hunger war, der mich hierher getrieben hatte.
Indigniert darüber, dass mich keiner auf der Rechnung hatte, geschweige denn sich anschickte mich zu bedienen, stand ich auf, suchte den Ausgang im Eingang, der aber kein Ausgang war, schob mich lässig in anderer Richtung an von der Decke hängenden Schinkenbeinen und überdimensionalen Würsten vorbei und wow: Da stand ich inmitten des Sanctuariums der Götterspeisen und Jamie Oliver’s Konterfei grinste mich aus einer abgedunkelten Ecke heraus diabolisch an. Die Fläche des Restaurants ist so ausladend wie eine aus dem Nebel der Verdrängungen herauswachsende weibliche Hüfte. Darüber erhebt sich majestätisch eine moderne, klassizistische Kuppel. Ein Tempel eben. Mich messend an den Kleidern der Ladies und den Smokings der Herren, überschlug ich kurz mein Budget. Beim Überschlagen blieb es dann auch. Much too far above a beggars purse.

Aber das war nicht das sofortige Ende meines beschämenden Auftritts in Jamie Olivers Kathedrale der Genüsse. Ich zückte meine Kamera, schritt alle Enden des Restaurants gemessen ab und gerierte mich dabei wie ein Photograph, dem die VOGUE den Auftrag gegeben hatte, eine Bilderstrecke zu lancieren. Aber vermutlich kam ich eher wie der Auftragskiller der Konkurrenz rüber, die wissen will wie Jamie Olivers Suppen köcheln.
Anschließend EXIT (to Brooklyn). Ich war wieder auf den Gassen von Cambridge und mein Magen knurrte fürchterlich.

Jamie*s in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Jamie*s in Cambridge
Jamie Oliver Bar Cambridge
Jamie*s Restaurant  in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Jamie*s Restaurant in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Jamie*s Restaurant in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Jamie*s Bar in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Jamie Oliver Restaurant Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Ham and Sausage Jamie Oliver in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
Ham and Sausage in Jamie's Restaurant in Cambridge
Jamie Oliver Cambridge
https://achim-spengler.com/2014/03/08/cambridge/
https://achim-spengler.com/2012/03/11/cambridge-5/
Achim Spengler
Achim Spengler

Hier finden Sie Beiträge zur britischen und amerikanischen Literatur, zur Geschichte Großbritanniens und Irland. Auch Betrachtungen zur Philosophie kommen nicht zu kurz. Sie können mich aber auch zu Reisen nach Irland, England, Wales und Schottland begleiten.

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2 Comments

  1. Sind diese Läden echt so teuer? In Norwich hat der gute Mann letzten Sommer einen Laden in den Arkaden aufgemacht, von PR versteht er viel.

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