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Notate 33

Tragische Momente durch einen Schimmer der Festtagsfreude gesehen. Der erinnernde Jahresrückblick ist, ohne Schaden zu nehmen an einem nachgelagerten Trauma, nur möglich in der Hoffnung, dass der Schrecken sich nicht wiederholt.  Singularitäten des Schreckens, alles vernichtend. Das Neue Jahr. Welch Euphemismus in dem Begriff des Neuen liegt, so jungfräulich, so erbarmensswürdig, das platonisch Gute, welches wieder auf Erden wandeln darf. Oder nie.

Mürrische Gelassenheit. Verachtung, als Rest menschlicher Regung. Die Beckettsche Haltung von Stoizismus und Leidenschaftslosigkeit, angesichts der Sinnlosigkeit menschlicher Existenz. Ausblutung. Kein Credo. Mein Eindruck, dass es nichts auszudrücken gibt. Keine Kraft etwas auszudrücken und kein Verlangen etwas auszudrücken.

Gewalt als Kalkül. Sie bedarf ihrer ausübenden Organe. Diese sind leicht zu finden oder heranzuzüchten. Die Selbstermächtigung zu ihrer Grenzenlosigkeit. Es lässt sich feststellen, dass dieser Moment der Versuchung durch Grenzenlosigkeit einfach existiert. Die Frage Warum ist schlichtweg müßig. (…) Wir wissen, dass starkes Legitimationsempfinden nicht nur die Erregbarkeit steigert, sondern auch die Grausamkeit (Jan Philipp Reemtsma).

Die Unfähigkeit zu trauern. Trauer ist die Verinnerlichung  des Anderen, sagt Jaques Derrida. Wir wissen es, wir wünschen es, wir erinnern uns – vor dem Tod des Geliebten, dass das In-mir-sein, und das In-uns-sein von der Möglichkeit der Trauer aus konstituiert wird. 

Erlösungsglaube, Eschatologie, göttlicher Heilsplan. Oder der säkulare Heilsplan, den Emmanuel Levinas die Sorge für den Anderen nennt. Diese Sorge siege über die Sorge für sich selbst. Und er nennt diesen Umstand Heiligkeit. Menschlichkeit bestünde darin, dass wir den Vorrang des Anderen anerkennen könnten und dass es die Sprache sei, die sich immer dem Anderen zuwendet und dass das eigene Denken sich immer um den Anderen sorgt. Unsere Zeit ist dabei, diese Überlegungen ad absurdum zu führen.

Erlösungsglaube, Eschatologie, göttlicher Heilsplan. Sinn ist in allem, was einfach so passiert?

 

 

2 Comments

  1. Lieber Achim,
    Wie so oft, notierst Du Wiedererkennungseffekte, dann erst gugelte ich Herrn Derrida und bat ihn etwas zu sagen und fand dies von ihm:

    „Die Verantwortung beginnt genau dann, wenn man keine Gewissheit mehr hat. “ „Es gibt Menschen, die sich eine so dicke Haut zugelegt haben, daß sie auch ohne Rückgrat aufrecht stehen können. “

    Und es las sich wie eine probate Antwort, darum gab ich es hier wieder.

    Es gibt einen Spruch: Man nimmt nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu. Sondern zwischen Neujahr und Weihnachten.
    Ich wünschte, die Weihnachtsbotschaft: Liebe, Familienfürsorge, Gemeinschaft, würde auch zwischen Neujahr und Weihnachten zunehmen – nicht umgekehrt.

    Es gibt keinen Grund, Neues euphorisch zu begrüßen. Wohl jeden guten Grund, irgendwie die Zuversicht noch an einem Zippel zu erwischen…

    Liebe Grüße,

    Amélie

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